Neuartige Punktierung als "Viertel des eigenen Wertes" und nicht "Hälfte ..."

Begonnen von Markus W. Kropp, Freitag, 23. Juni 2017, 10:58

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Markus W. Kropp

Hey Leute,

ich habe ein sehr spezielles Notationsproblem. Die "normale" Punktierung reicht mir nicht. Es ist ja so, dass ein Punkt die Note um die Hälfte Ihres eigenen Wertes verlängert. Was ist jetzt aber, wenn ich keine punktierte Halbe (und damit ist der Punkt per Definitionem eine Viertel mehr) brauche sondern eine Halbe mit einer Achtel? Dann hätte dieser "neue" Punkt (dessen Aussehen man noch bestimmen müsste) nicht den Wert der Hälfte des Notenwertes sondern genau ein Viertel des Wertes der Halben. Und genau das brauche ich.

Warum? In ungeraden Taktarten brauche ich das häufig. Nehmen wir einen 7er Achteltakt: Ein Viertelakkord und ein folgender "Halbe plus Achtel" Akkord. Da kommt man auf 2 Achtel plus 5 Achtel = 7 Achtel. Nun kann man die Halbe mit einer Achtel überbinden, klar. Das drückt die Musik aber von der Notenschrift her nicht korrekt aus – es soll ja keine Synkope oder Ähnliches andeuten. Ich hätte da gerne die Halbe mit einem "neuen" Punkt, der eben die Viertel des eigenen Wertes beträgt und nicht, wie normalerweise, die Hälfte des eigenen Wertes. Das ergäbe ein viel schöneres Notenbild als die Überbindungen und würde rhythmisch die Musik, wie sie gemeint ist, wesentlich besser als Notenbild abbilden.

Mir schwebt vor statt des Notenpunktes einen kleinen Notenschrägstrich zu nehmen. Wie kann ich so etwas denn implementieren? Dass Lilypond diese "gehälftete Punktierung" erkennt? Kann man statt

e2.

dann

e2./ machen (programmieren meine ich) oder so etwas? Wie programmiert man das? Wahrscheinlich muss man ganz tief ins System eingreifen, oder?


Über Gedanken, Anregungen und Inspirationen (gar Lösungen) wäre ich sehr dankbar & gespannt  :)


LG Markus

Hilflos-im-Code

Willst Du das wirklich? Ungerade Taktarten sind eher ungewöhnlich und lassen sich nicht so leicht lesen. Diese Lesbarkeit verliert vermutlich, wenn Du von den Konventionen abweichst. Insbesondere Punkt versus kleinem Notenschrägstrich, da sehe ich Verwechslungsgefahr.

Vielleicht andere Gedanke. Es geht vermutlich darum, dass die metrische Struktur,die stillschweigend durch Notensatz transportiert wird deutlich wird. Vielleicht weniger von der Konvention abweichend, dass zwischen den einzelnen metrischen Abschnitten größere Abstände vorhanden sind.

Markus W. Kropp

Hmmmmm

ich warte mal, was noch für Überlegungen kommen. Wenn mein Geschriebenes zu unklar ist werde ich mal was aufmalen und hier reinposten. Als Bild. Dann sieht man direkt was ich meine. Oder, ach, das hole ich nach. Habe dafür heute nur nicht die Zeit, vielleicht morgen oder Sonntag.

Und ja, Notentext sollte Musik widerspiegeln. Und nicht, wie am Klavier, einfach "nur" wann man wie lange welche Taste drückt. Noten sind Musik und sollten das bestmöglich ausdrücken.


LG Markus

Malte

Zitat von: Markus W. Kropp am Freitag, 23. Juni 2017, 10:58
Mir schwebt vor statt des Notenpunktes einen kleinen Notenschrägstrich zu nehmen. Wie kann ich so etwas denn implementieren? Dass Lilypond diese "gehälftete Punktierung" erkennt? Kann man statt

e2.

dann

e2./ machen (programmieren meine ich) oder so etwas? Wie programmiert man das? Wahrscheinlich muss man ganz tief ins System eingreifen, oder?
Für genau dieses müßte man schon sehr tief eingreifen, ja, und zwar im Parser. D. h. du müßtest dein eigenes LilyPond kompilieren und mit dem ,,offiziellen" LilyPond wären deine Dateien nicht mehr übersetzbar. Mit etwas mehr Tipparbeit bei der Anwendung kann man das aber durchaus hinkriegen:\version "2.19.61"

x =
#(define-music-function (music) (ly:music?)
   #{
     \scaleDurations 5/6 {
       \once \override Dots.stencil = #ly:text-interface::print
       \once \override Dots.text = \markup \translate #'(0 . -0.75) \rotate #45 \musicglyph #"hyphen"
       #music
     }
   #})

{
  \time 5/8
  \x f'2.
  \time 7/8
  \x <f a> q4
}


Ich würde dir allerdings raten: Informiere dich gut, ob es nicht schon eine Schreibweise gibt, auf die sich mehrere Komponisten geeinigt haben. Ich weiß z. B. noch, daß George Crumb etwas für Fünfer-Dauern gemacht hat; Punkt vor statt nach der Note oder so, wenn ich das richtig erinnere.

Edit: In diesem Blogpost beschreibt jemand Crumbs Fünferpunktierung: Je ein Punkt vor und einer hinter der Note. Anscheinend verlängern zunächst Punkte hinter der Note und dann verkürzen die Punkte vor der Note; allerdings ist der Post da nicht sehr ausführlich und nennt keine Quelle. Nach diesem System wären 7/8 wie traditionell zwei Punkte nach einer Halben (1/2 + 1/4 + 1/8) und 5/8 ein Punkt dahinter und einer davor (1/2 + 1/4 − 1/8). So könnte man auch 9/8 (1+1/2−1/4−1/8) als ganze Note mit einem Punkt dahinter und zwei davor schreiben. Aber 11/8 wären dann schon wieder nicht mehr machbar, da müßte man dann ein neues System finden. Das hier sind jetzt allerdings Spekulationen, weil wie gesagt in dem Post keine Quelle genannt wird und nicht ins Detail gegangen wird. Übrigens beschreibt der noch ne andere Schreibweise für 9/8, leider auch ohne Quelle.

Markus W. Kropp

Äh, ich bin sprachlos. Ja, das ist, was ich als Idee hatte: Schrägstriche hinter den Noten. Ist halt erst einmal eine Idee. Ob diese Nomenklatur schon einmal erfunden wurde weiß ich nicht exakt. Habe im Netz ein wenig gewühlt und nichts gefunden. Allerdings konnte man das nicht "Recherche" nennen. Das werde ich noch nachholen.

Ich hatte schon einmal das Problem mit dem "Halbpedal" am Klavier. Es gab moderne Schreibweisen, die ich in meinem Verlag allerdings nicht benutzen wollte. Also habe ich eine eigene entwerfen müssen – da hatte ich auch sehr lange recherchiert.

Mal schauen, was nach einer "ordentlichen" Recherche raus kommt. Das Ergebnis werde ich hier noch posten, was es für Schreibweisen gibt. Für weitere Tipps und Anregungen, ob es schon ein Schreibweise bzw. Nomenklatur für einen "halbierten Punkt" schon gibt, wäre ich natürlich mehr als dankbar.

Deinem Tipp, Malte, werde ich direkt mal nachgehen. Tausend Dank für alles!


LG Markus

Markus W. Kropp

Mist. Habe Errors unter 2.18.2 wenn ich den Code kompiliere (Hatte die erste Zeile \version "2.19.61" vor dem kompilieren im Code in \version "2.18.2" abgeändert, daran kann es nicht liegen) . Kannst Du den Code für 2.18.2 anpassen? Das ist ja momentan die stabile Version von Lilypond. Das wäre super nett! Ansonsten kann ich damit nichts anfangen  :-\ das Thema ist mir (noch) zu hoch.

Meine Fehlermeldungen:

Analysieren.../usr/share/lilypond/2.18.2/scm/ly-syntax-constructors.scm:56:23: In expression (apply (ly:music-function-extract fun) parser ...):
/usr/share/lilypond/2.18.2/scm/ly-syntax-constructors.scm:56:23: Wrong number of arguments to #<procedure #f (music)>
Wurde mit dem Return-Code 1 beendet.

... mein Lily läuft unter Linux. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist.


LG Markus

Manuela

Zitat von: Markus W. Kropp am Freitag, 23. Juni 2017, 15:02Das ist ja momentan die stabile Version von Lilypond. Das wäre super nett! Ansonsten kann ich damit nichts anfangen  :-\ das Thema ist mir (noch) zu hoch.

Leider ist die Meinung, eine andere Version als 2.18.2 zu verwenden ist zu "gefährlich" oder was weiß ich aufgrund der Gestaltung der Lilypond-Homepage sehr verbreitet.

Ich verwende die neueste Version, weil ich inzwischen schon so viele Features eingebaut hat, die in 2.18 nicht mehr funktionieren und rate jedem, das gleiche zu tun. Was kann schon groß passieren, außer dass der Kompiliervorgang abstürzt. Weder können Daten verloren gehen noch der Computer beschädigt werden. Die einzige Gefahr besteht darin, dass man stundenlang einen Fehler in seinem Code sucht, der in Wirklichkeit ein Bug ist. Aber bugfrei ist 2.18 auch nicht.

Zu deiner Ausgangsfrage: was spricht dagegen, die betreffenden Noten einfach mit einem Haltebogen zu verbinden? Maltes Antwort ist natürlich sehr interessant, wie immer  :)

Wenn ich jetzt anfangen müsste zu rechnen, wie lange die Notendauer ist, wenn jetzt Punkte vor oder hinter der Note stehen oder Schrägstriche, ich glaube, da würde ich schwindlig werden.  ;)
Danke für eure Hilfe
viele Grüße
-- Manuela

Malte

Für 2.18.2 muß die Lösung folgendermaßen beginnen:
\version "2.18.2"

x =
#(define-music-function (parser location music) (ly:music?)

Der Unterschied: Seit 2.19 braucht man die Argumente parser und location nicht mehr.

Und dieser Beitrag auf der englischen Mailingliste erwähnt was in Richting 5/8: ein kleines x statt eines Punktes. Im selben Thread wird erwähnt, daß anscheinend auch ein anderer Komponist Crumbs Notation mit den zwei Punkten verwendet. Vielleicht findest du weitere Beispiele auf der Mailingliste oder in diesem Forum (bzw. dem Archiv).

Markus W. Kropp

#8
@Manuela:

naja, wie oben beschrieben. Eine Halbe mit Übergebundener Achtel suggeriert eine andere Musik als eine "Halbpunktierte" Halbe. Noten sollen Musik darstellen und keine "praktische Tastendrückanleitung" (Klavier). Das Übergebunde ist meist im Kontext etwas Synkopischen. Das ist in meiner Musik allerdings oft nicht der Fall. Eine Synkope ist eben etwas Musikalisches, eine "Nicht-Synkope" auch. Und das sollte seine Repräsentanz im Notentext finden. Ich bin da halt Ästhet und sehr pingelig und auf Schönheit bedacht. Was meinst Du, warum ich Lilypond verwende  ;)

@Malte: danke! Das mit dem kleinen x schaue ich mir auch noch an. Ich benutze 2.18.2 weil ich nicht permanent Änderungen bedenken will. Ich aktualisiere Lilypond zweijährlich mit meinem Linuxsystem. Alles andere wäre mir zuviel "Fummelei" ... kompilieren, Änderungen bedenken etc ... solange 2.18.2 all meine Bedürfnisse deckt  ;)


LG Markus

Manuela

Markus, danke für die Erklärung. Ich hätte deinen Eingangsbeitrag genauer durchlesen sollen, da steht es eh schon.  :-[

Jetzt habe ich trotzdem noch eine Frage.
Ein 7/8 Takt teilt sich ja normalerweise auf in 3+2+2 oder 2+2+3

Könnte man nicht dementsprechend Vierteln mit punktierten Vierteln überbinden? Wenn du einen anderen Rhythmus im Sinn hast, dann geht das natürlich so nicht.
Danke für eure Hilfe
viele Grüße
-- Manuela

ingmar

Ganz offen, ohne deine Komposition im Detail zu kennen: Ich halte es für keine gute Idee, dem Spieler das Leben schwer zu machen durch ungewohnte Zeichen. Schon bei Mehrfachpunktierungen schreiben sich die meisten drüber, was gewünscht ist, etwa c1 ~2 ~4.

Und noch was - Manuela hatte es schon angedeutet: Welcher Siebenachteltakt liegt denn zugrunde? Ich vermute mal, s4 s4 s4. Aber dann wäre deine Schreibweise c4 d2 ~8 schon orthographisch zweifelhaft; es müsste ja  c4 d4 ~4. lauten.

Die Gefahr bei solchen Ideen ist immer, die Aufmerksamkeit des Musikers zu sehr von der eigentlichen Musik abzuziehen. Ich hoffe, ich demotiviere dich nicht...


Gruß,
--ingmar

Markus W. Kropp

Es geht in diesem Fall um einen 7/8. die Aufteilung ist 2+5. wegen der 5 entstehen meine besagen Probleme. alle Einwände sind für mich nicht demotivierend. es geht ja nicht um mich sondern um die ideale Lösung eines Sachverhalts. aber herzlichsten Dank für's Einfühlungsvermögen!

natürlich Frage ich mich ob das Sinn macht. ich werde es ausprobieren müssen welche Zeichen leicht zu entziffern sind und den Musiker nach nur kurzer Beschäftigung zugänglich sind. ein wertvoller Einwand aus meiner Sicht, danke dafür!

ein Kreuz erscheint mir nicht sinnvoll als "half-dotted" weil es eher mehr als weniger suggeriert. Mr schwebte tatsächlich ein halbierter Punkt vor, nur der ist wahrscheinlich zu klein. ein schräg Strich wäre leserlicher aber eben auch nicht das gelbe vom Ei.

von daher: probieren geht über studieren. mit dem Code von malte werde ich die nächsten Tage "spielen" können. yeah! ich finde das alles sehr spannend, in kleinen teilen die Noten Schrift weiter zu entwickeln. wie ein kleines forschungsabenteuer.

danke für euer Interesse & Anregungen. das bringt die "half-dotted" Geschichte weiter vorwärts!


LG Markus

PS habe auf dem Handy geschrieben und bitte um Rücksicht weegen meiner rechtschreibung ...

ingmar

  > 7/8. die Aufteilung ist 2+5

... das ist aber eine wahrnehmungspsychologische Frage: Gibt es das überhaupt, diese 5? Ich habe wahrscheinlich jede solche "5", die mir begegnet ist, innerlich in 2+3 oder 3+2 unterteilt und würde denken, dass es mehr Leuten so geht. Kann man das, fünf Schläge als schnelle, nicht unterteilte Zähleinheit zusammenfassen und abwechselnd mit einer anderen Einheit, die zwei Schläge lang ist, denken? Ganz klar: Ich könnte es nicht.

Im Gegenteil: Bei einem sehr schnellen Rhythmus | s4 s4 s4. | s4 s4 s4.|, der doch nun wirklich kein Hexenwerk darstellen sollte, hab ich mehrfach erlebt, dass er - bei Bläsern, nicht bei Schlagzeugern - nach einigen Sekunden bei |s4 s4 s2 | s4 s4 s2 | angekommen war.

--ingmar

erich

Schon mal an sowas gedacht?


Markus W. Kropp

oh, sehr geile Idee die Noten einfach ganz dicht aneinander zu stellen. nein, diese Idee hatte ich noch nicht. werde ich Mal drüber nachdenken. eventuell ganz nah zusammen rücken mit haltebogen ...

@ingmar: doch, es ist im aktuellen  Stück definitiv 2+5. wäre die 5 unterteilt würde es musikalisch nicht funktionieren. ich weiß was du meinst, das ist hier nur nicht der Fall. ebenso im ersten Satz meiner ersten klaviersonate: ein klares 5+2. wenn man es weiter unterteilen würde in diesem Stück wäre der Fluss total gestört. kann ich ja Mal Posten, dann kann man es praktisch nachvollziehen.


LG Markus (wieder am Handy geschrieben)