Gelöst: Auftakt im zweiten Wiederholungsteil wird manchmal mitgezählt

Begonnen von juribel, Mittwoch, 9. März 2022, 18:31

« vorheriges - nächstes »

juribel

Hallo zusammen,

ich beschäftige mich zur Zeit mit zwei Werken von J. S. Bach. Das erste Werk, die Gigue, wird meiner Meinung nach richtig gesetzt, aber in dem zweiten Werk, der Allemande, wird auf Seite 2 der Auftakt mitgezählt. Beide Werke habe ich aus dem Mutopia-Projekt, dessen Dateien gemeinfrei sind.

Die Gigue: https://www.ibiblio.org/mutopia/cgibin/piece-info.cgi?id=1428
Die Allemande: https://www.ibiblio.org/mutopia/cgibin/piece-info.cgi?id=1423

Eigentlich sollen Auftakte ja gar nicht mitgezählt werden. Beide Werke besitzen zwei Wiederholungsteile, jede mit einem Auftakt. In der Gigue werden beide Auftakte nicht mitgezählt, d. h. beide Auftakt-Zeilen haben keine Taktnummer. In der Allemande hingegen besitzt die Auftakt-Zeile des zweiten Wiederholungsteils eine Taktnummer: der Auftakt wird mitgezählt.

Hat da vielleicht jemand eine Idee? Das würde mich freuen.

Viele freundliche Grüsse, juribel

amateur

Soweit ich das im PDF sehe, stimmen die Taktzahlen.
Das e auf der zweiten Seite gehört zum Takt 16 auf der ersten Seite.
Das Wiederholungszeichen kann man ja mitten im Takt setzen.

Malte

#2
Hallo juribel,

willkommen im Forum!

Achtung, hier gibt es eine Verwechslung: Die Taktzahlen stimmen im PDF der Allemande, nicht aber bei der Gigue. Bei der Gigue wird nicht nur der Auftakt zum zweiten Teil nicht mitgezählt, sondern auch der erste Volltakt nicht. Der erste Takt auf der zweiten Seite (A4-Format) müßte 23 sein, nicht 22.

Der Blick in den Code zeigt, dass die Stelle in beiden Sätzen falsch gehandhabt wird, aber auf verschiedene Arten falsch:

Bei der Allemande wird am Ende des ersten Teils eine Spacer-Pause eingefügt (s16), um den Takt 16 voll zu machen; Takt 17 braucht dann einen Auftakt (\partial):
f16 [ ( d f a ]  d [ f gis ) d, ] <e cis' a'>4. r16 s16 \break | % 16
} %end of repeated section
 
    \repeat volta 2 { %begin repeated section
    \partial 16
    e'16 | % 0 Auftakt
Ähnlich sieht es in der zweiten Stimme (melodyTwo) aus.

Bei der Gigue dagegen ist der Takt 20 mit der (falschen!) punktierten Viertel schon voll, die wird um Faktor 2/3 gekürzt. Effektiv steht da also eine Vierteldauer. Damit wäre das nun folgende \partial unnötig:
f16 d f a d cis d a d f a gis a e cis a e cis a4.*2/3

\bar ":|:"

\partial 8 e''8


Ich habe den Code per convert-ly auf die aktuelle Version gebracht und dann die Fehler im Folgenden korrigiert.
Allemande:
    f16 [ ( d f a ]  d [ f gis ) d, ] <e cis' a'>4. r16 \break % 16
  } %end of repeated section

  \repeat volta 2 {
    %begin repeated section
    e'16 | % 0 Auftakt

zweite Stimme der Allemande:
    s2 a4. s16
  } %end of repeated section

  \repeat volta 2 {
    %begin repeated section
    s16 | % 0 Auftakt


Gigue:  f16 d f a d cis d a d f a gis a e cis a e cis a4

  \bar ":..:"

  e''8


Die beiden Sätze verwenden eine unterschiedliche Codestruktur (z. B. verwendet die Allemande \repeat volta, die Gigue dagegen \bar ":..:" etc. für die Wiederholungen). Ich habe diese und auch andere Dinge wie die Kommentare oben unangetastet gelassen, würde aber im Zweifelsfall ein einheitliches Vorgehen empfehlen. Wenn du dabei Hilfe brauchst, gib bescheid :)

juribel

Hallo,

erstmal auf die Schnelle danke für deine Mühe. Ich brauch aber ein bisschen Zeit, alles zu verstehen und melde mich später.

Viele freundliche Grüsse, juribel

juribel

Hallo,

so ganz verstehe ich den \partial bzw. Auftakt-Mechanismus immer noch nicht. Ich hab deine Änderungen mal in "meine" Allemande übernommen, und wie gewünscht enthält die erste Zeile des zweiten Wiederholungsteils keine Taktnummer mehr, und die Zählung ist richtig.

Allerdings scheint es dabei so zu sein, dass gar nicht \partial verhindert, dass der Auftakt nicht mitgezählt wird, sondern dass es ein "falscher Auftakt" ist, also nur eine Auffüllnote für den vorhergehenden nicht vollständig gefüllten Schlusstakt des ersten Wiederholungsteils.

Also eher nur ein Trick, der gerade mal hier funktioniert

Sobald ich den vorhergehenden Takt ordnungsgemäss fülle und den ersten Takt des zweiten Wiederholungsteils mit \partial definiere, funktioniert das Ganze nicht mehr, und der Auftakt wird mitgezählt, anders als in der allerersten Notenzeile.

Ich finde dieses Verhalten unlogisch und sehr seltsam, denn eigentlich sollten \partial Auftakte doch gar nicht mitgezählt werden, oder? Die Dokumentation hatte mir in dem Punkt auch nicht weitergeholfen.

Übrigens hatte ich bei mir in der Gigue die \bar Konstruktionen auch bereits durch \repeat volta 2 ersetzt gehabt, ich fand das "fachgerechter". Ausserdem hatte ich \pageBreak eingefügt, damit jeder Wiederholungsteil auf einer eigenen Seite steht und zwischen den Notenzeilen mehr Platz für Übungsnotizen bleibt.

Viele freundliche Grüsse, juribel

harm6

Zitat von: MalteDer Blick in den Code zeigt, dass die Stelle in beiden Sätzen falsch gehandhabt wird, aber auf verschiedene Arten falsch:

Nun, der Code war ja für 2.10.33...
Ich weiß nicht was damals Stand der Dinge war (Ich habe 2.10.33 nie erneut ans laufen gekriegt, obwohl mir das sowohl mit 2.12. als auch mit 2.8. gelungen ist).
Auf jeden Fall ist das Ergebnis falsch, nicht nur die Taktzahlen, auch die Vorzeichen am Anfang des zweiten Teils der Gigue werden nicht gedruckt, obwohl richtig im ly-code eingegeben)

Zitat von: MalteTakt 20 mit der (falschen!) punktierten Viertel
Keine Ahnung woher diese Punktierung stammt, in Bach's Handschrift findet sie sich nicht.
Siehe
https://www.youtube.com/watch?v=Oa1dcTVk2PU
12:59

Zitat von: juribelAllerdings scheint es dabei so zu sein, dass gar nicht \partial verhindert, dass der Auftakt nicht mitgezählt wird, sondern dass es ein "falscher Auftakt" ist, also nur eine Auffüllnote für den vorhergehenden nicht vollständig gefüllten Schlusstakt des ersten Wiederholungsteils.

Also eher nur ein Trick, der gerade mal hier funktioniert

Ich teile diese Kritik nicht und kann nichts anstößiges daran erkennen.

Zitat von: juribel
Sobald ich den vorhergehenden Takt ordnungsgemäss fülle und den ersten Takt des zweiten Wiederholungsteils mit \partial definiere, funktioniert das Ganze nicht mehr, und der Auftakt wird mitgezählt, anders als in der allerersten Notenzeile.

Wie denn sonst?
Sobald ein Takt voll ist wird die Taktzahl um Eins erhöht. Was immer auch als nächstes kommt hat dann diese neue Taktzahl, egal was für eine Taktart es ist.
Nochmal, wie sonst?

In der englischen Doku (weit aktueller als die deutsche) steht hier:
Zitat
When \partial is used after the beginning of a score, duration is the remaining length of the current measure. It does not create a new numbered bar.
Wenn wir uns also im nächsten Takt befinden so wird der Inhalt des Auftakts an die richtige Stelle (vom Ende dieses Taktes aus gesehen) gesetzt, [duration is the remaining length of the current measure]. Dieser Takt hat ja bereits die erhöhte Taktzählung, \partial verursacht das nicht selbst, [It does not create a new numbered bar.], sondern, nochmal, wir befinden uns bereits im nächsten Takt.

Natürlich kann man die Taktzählung auch noch manuell beinflussen, falls Du das willst, so frag nochmal - meine Antwort ist sowieso schon zu lang ;)

Aber weder in der Allemande noch in der Gigue ist der Schlußtakt des ersten Teils voll...

Ich finde es auch als kompositorischen Fehler in einem Tanz volle Takt zu schreiben, die dann durch etwas anderes unterbrochen werden.

Der ly-code der Gigue kann so aussehen:

\relative c'' {
    \clef treble
    \key d \minor
    \time 12/8
    \repeat volta 2 {
      \partial 8 a8
      d,8( f) a d( e) f e g16( f e d) cis8( a) e
      cis8( e) a e'( f) g f a16( g f e) d8( a) f
      d8 f'16 e d f bes a g f e d c d e d c e a g f e d c
      bes16 c d c bes d g f e d cis b a b cis b a cis e d cis b a g
      f16 a( g f e d) a8 d' cis d,8.[ e16 f g] a bes c d e f
      g16 e c g e g c g e c e g a g f g a bes c d e f g a
      bes16( a bes) d e, g a( g a) c d, f g( f g) bes c, e f( e f) a g f
      e16 d e f e d c bes c d c bes a( bes c) f c a f( g a) c a f
      d16( ees f) bes f d bes( c d) f d bes g bes d g bes d g bes g d bes g
      e16( g c) e g bes c,( bes c) bes' c, bes' f,( a c) e f a c,( bes c) a' c, a'
      e,16-\p( g c) e g bes c,( bes c) bes' c, bes' f,( a c) e f a c,( bes c) a' c, a'
      bes,16-\f( d f) a bes d e,( d e) d' e, d' a,( c e) g a c d,( c d) c' d, c'
      g,16( bes d) f g bes c,( bes c) bes' c, bes' f,( a c) e f a c,( bes c) a' f d
      bes16 a bes c d bes g f g a bes g e d e f g e c e g c e8 ~
      e16 bes( a g f e d cis b a) g' e f d f a d cis d a d f b a
      b16 f( e d c b a gis fis e) d' b c a c e a gis a( b c) gis a c
      f,16( g a) e f a d,( e f) cis d f gis,8.[ a16 b c] d e f d b' d,
      c16( d e) c a' c, b( c d) b gis' b, c( d e) c a' c, d( e f) d b' d,
      c16( d e) b c a b( c d) a b gis a a, cis e g8 ~ g16 e cis a cis e
      f16 d f a d cis d a d f a gis a e cis a e cis a4
    }

    \repeat volta 2 {

%     \partial 8
      e''8
      a,8( cis) e g,( a) bes cis, e16( d cis b) a8 cis e
      g16 a bes a g bes e d cis b a g f e f g a f d8.[ d'16 cis b]
      a16 c( bes a g fis) ees' d c bes a g fis a( g f e d) a'' g fis e d c
      bes16 d( c bes a g) c' bes a g fis e d( e fis) a g f ees d c bes a g
      fis16( a d) fis a c d,( c d) c' d, c' g,( bes d) fis g bes d,( c d) bes' d, bes'
      fis,16-\p( a d) fis a c d,( c d) c' d, c' g,( bes d) fis g bes d,( c d) bes' d, bes'
      c,,16( ees g) bes c ees f,( ees f) ees' f, ees' bes,( d f) a bes d ees,( d ees) d' ees, d'
      a,16( c ees) g a c d,( c d) c' d, c' g,( bes d) fis g bes d,( fis g) bes d g
      ees16 d ees f g ees c bes c d ees c a g a bes c a fis a d fis a c
      bes16( a) c( bes a g) d g fis g a fis g ees( d c bes a) bes g a bes c d
      e16( f g) e bes e c,( e g) bes a g a( bes c) a f a bes,( d f) a f d
      cis'16( d e) cis g cis a,( cis e) g f e f d f a d cis d a d f a c,
      bes16 a'( g f e d) c d e f g bes, a g'( f e d c) bes c d e f a,
      g16 f'( e d cis b) a b cis d e g, f a d a f a d, f a f d f
      bes,16( f' d') f e cis a,( f' d') f e cis g,( f' d') f e d bes' a( g f e d)
      cis16 e f g a e d( cis b a) e'( g,) f( g a) f d' f, e( f g) e c' e,
      d16( e f) d bes' d, c( d e) c a' c, bes( c d) bes g' d g( a bes) g ees' g,
      a,16( b cis) a g' a, g'( a bes) g cis g f( g a) f d' a d e f d b' d,
      gis,16 a b cis d e f( e d cis d) gis, a cis d e f g a bes e,( f g) cis,
      d16 d, f a d e f d f a d cis d a f d a f d4
    }
}


Du kannst \partial auch einkommentieren, wenn Dir das lieber oder hygienischer ist. Die interne Repräsentation der Musik ändert sich geringfügig, aber das pdf bleibt gleich.

Gruß,
  Harm

juribel

Guten Morgen,

nochmal vielen Dank für eure Hinweise!

Dann habe ich \partial wohl immer falsch verstanden. Intuitiv dachte ich, dass ein Auftakt auch mitten in den Noten genau so wirkt wie am Anfang der Partitur, wenn der vorherige Takt komplett gefüllt ist.

Ich hatte auch glatt übersehen, dass im Falle der Allemande überall die Taktüberprüfung angegeben ist, ausser beim letzten Takt des ersten Wiederholungsteils.

Dann betrachte ich diesen Thread mal als gelöst  :)

Viele freundliche Grüsse, juribel