Wie könnte man das nennen

Begonnen von erich, Samstag, 29. Juli 2017, 08:34

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Hilflos-im-Code

Zitat von: Malte am Mittwoch,  2. August 2017, 09:17
b–fis (abwärts): bei 4 Halbtonschritten denkt man erstmal an eine große Terz, es handelt sich aber um eine Quarte.
Und das es eine Quarte ist, sieht man sofort im traditionellen Notenbild. Dass sie merkwürdig ist, an den ungewöhnlich vielen Vorzeichen. Einmal analysiert und abgespeichert.
Zitat von: erich am Mittwoch,  2. August 2017, 10:05
Bei Intervallen geht es um Frequenzverhältnisse.
Wenn g - cis auftaucht ist aller Wahrscheinlichkeit der nächste Ton d. Bei g-des ein c. Auch bei gleichstufiger Stimmung.

Aber eigentlich wollte ich bei meinem vorigen Anmerkungen auf etwas anderes hinaus. Wenn sich dein System jemanden nicht erschließt, könnte es sein, dass Du das System für verständlicher hältst, weil Du es dir ausgedacht hast. Also eine Art kognitive Befangenheit.

erich

#16
ZitatAlso eine Art kognitive Befangenheit.
eine Erwiderung:

Ich habe diese Notation im Wesentlichen von Helmut Neumann übernommen "Die Klangreihen-Kompositionslehre nach Othmar Steinbauer (1895-1962)"; Neumann schreibt dazu S.147: "Der bekannte deutsche Musikwissenschaftler Hugo Riemann (1848-1919) hatte in einem Aufsatz, den er mit "Die Zwölftstufige Notenschrift" im "Musikalischen Wochenblatt" XIII, Nr.52 Leipzig, 21.12.1882 veröffentliche, eine nahezu identische Lösung dieses Problems vorgeschlagen.  Siehe dazu den Hinweis in Johannes Wolf, Notationskunde, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1919, Bd. II, S.354, wo auf diese Publikation hingewiesen wird.

Johannes Wolf  schreibt dann auf Seite 386f: "Nicht mühelos ist der Gang durch den Irrgarten der Reformversuche gewesen. Viel Geist ist aufgewendet worden und wird noch immer darangesetzt, um die Grundpfeiler unserer in langer historischer Entwicklung entstandenen Notation zu erschüttern.
Gewisse ihr anhaftende Mängel und Schönheitsfehler sollen nicht abgeleugnet , aber auch nicht verkannt werden, daß mit ihr ein wenn auch nicht müheloses, so doch zuverlässiges Mittel geworden ist, den Phantasien unserer schaffenden Musiker besser zu folgen als mit irgendeinem anderen nach dieser oder jener Richtung hin vollkommeneren Reformversuch."

Zur Beruhigung: Ich selbst müsste mich sehr anstrengen, wenn ich nach meiner Notation Fagott spielen wollte; als Instrumentalist verbindet man mit Darstellungskomplexen eben auch eingeübte Griffe und Grifffolgen. Da ich kein Klavierspieler bin, bin ich im akkordischen Denken auch nicht so geübt und finde die Riemannsche Darstellungsweise rationeller.

Gruß
Erich

Malte

Zitat von: erich am Mittwoch,  2. August 2017, 10:05
Bei Intervallen geht es um Frequenzverhältnisse.
Auch, aber längst nicht nur, wie oben dargestellt.
ZitatImplizit unterstelle ich eine gleichstufige Stimmung, wie es auch von Lilypond bei der Umsetzung in MIDI getan wird.
Das brauchst du doch gar nicht, dein System ist wie das traditionelle unabhängig von der Stimmung.
ZitatWenn man mehr ausdrücken will, muss man mehr Darstellungmittel bemühen; traditionell dienen dazu die Vor- und Versetzungszeichen, die ich nicht benötige. Insofern verwende ich eine akstraktere Darstellungsform.
Ja, bleibt nur die Frage, ob man überhaupt so wenig darstellen will: Versetzungszeichen machen auf Abweichungen von der Norm aufmerksam; sie werden selten von Musikern übersehen, was vermutlich (!) bei deinem System schneller mal passieren kann. Durch die vielen Positionierungsmöglichkeiten eines Notenkopfes auf und zwischen den Linien hat man einfach sehr viel Information zu verarbeiten und Abweichungen von der Norm oder enharmonische Umdeutungen sind eben nicht auf Anhieb zu erkennen.

Hilflos-im-Code

@Malte:
Bei uns in Formenlehre gab es Redeverbot für Gitarristen und Pianisten, weil wir bei der harmonischen Analyse immer schneller waren als die Melodieinstrumente.

Ich habe davon gesprochen, dass die Intervalle bestimmte Bilder im Notensystem ergeben. Aber vielleicht fällt es den harmoniefähigen Instrumenten eher auf, weil da die Noten doch auffallend oft übereinander stehen. Wir müssen diese Bilder nicht lernen, während dagegen hin Melodieinstrumenten vielleicht diese typischen Bilder in ihren sukzssiven Notenabfolgen gar nicht auffallen (können). Wir haben mehr Gelegenheit Routinen zu erwerben.

erich

@Hilflos-im-Code:

Deine Anmerkung erhellt doch einiges; einigen Klavierspielern scheint nicht immer klar zu sein, wieviel sie entgegen einiger Unzulänglichkeiten in der traditionellen Notendarstellung gelernt haben zu sehen, was garnicht unmittelbar im Notentext kodiert ist.

@Malte:
ZitatDurch die vielen Positionierungsmöglichkeiten eines Notenkopfes auf und zwischen den Linien hat man einfach sehr viel Information zu verarbeiten und Abweichungen von der Norm oder enharmonische Umdeutungen sind eben nicht auf Anhieb zu erkennen.

In der Riemannnschen Notation gibt es für alle diatonischen Tonleitern nur vier verschiedene Darstellungen. Ich habe die Fälle, in denen zwei Noten in einem Zwischenraum zu diskriminieren sind, rot markiert; zählt man sie ab, so sind es nur 9 Stellen im Vergleich zu insgesamt 28 Übergängen; ihre Anzahl ist je Tonart zwei oder drei.
Wenn man den Quintenzirkel durchgeht, so steigt man von einer Darstellungart in die nächste um in der Reihenfolge, wie ich sie aufgeführt habe.

Grüß Euch
Erich

Hilflos-im-Code

#20
Zitat von: erich am Freitag,  4. August 2017, 14:39
@Hilflos-im-Code:

Deine Anmerkung erhellt doch einiges; einigen Klavierspielern scheint nicht immer klar zu sein, wieviel sie entgegen einiger Unzulänglichkeiten in der traditionellen Notendarstellung gelernt haben zu sehen, was garnicht unmittelbar im Notentext kodiert ist.


Ganz offen gesagt, ich verstehe nicht, worauf Du hinaus willst, obwohl ich eigentlich in solchen Dingen eine Auffassungsgabe habe, die über dem Durchschnitt von Musikern ist.

Eigentlich wollte ich etwas anderes sagen, das traditionelle Notensystem zeigt die Sachen schon sehr gut, sodass man das eigentlich intuitiv verstehen kann, wenn man das entsprechende Lesematerial hat. Hat man das nicht und ist mit einer normalen Mustererkenmnung bis unterdurchschnittlichen Mustererkennung gesegnet, dann ist das offensichtliche doch nicht zu erkennen.

Das  Abzählen von Möglichkeiten nicht unbedingt ein Beweis. Ich kann diese schön Sichtbarkeit nicht nachvollziehen. Ein besseres System muss schneller in den Köpfen anderer Menschen funktionieren. Ich vermute Du verwechselst deine Leseroutine mit der angeblichen Einfachheit des Systems.

Hilflos-im-Code

Wie sieht in dem System Dis-Dur aus?

erich


Malte

Das Bild zeigt ganz gut die Schwäche des Systems: Dis-Dur ist eben nicht ,,dis f g gis ais c d dis".

Klar, falsch daran ist nur die Beschriftung. Aber eine solche falsche Beschriftung passiert nur dadurch, daß das System keinen Unterschied zwischen eis und f macht. Unsere Musik ist bis Anfang des 20. Jahrhunderts nunmal auf Siebenstufigkeit ausgelegt, da ist eine zwölfstufige Notation zumindest nicht besser als eine siebenstufige.

erich

#24
Hallo Malte,

die Beschriftung habe ich doch nur zum besseren Verständnis von hand mit \markup eingefügt; ich hätte auch "eis" statt "f" schreiben können; das hat aber doch nichts mit dem 12-stufigen System zu tun.

Um dich weiter zu beunruhigen, bei mir lautet die Lilypondeingabe
{\time 8/2 \eClef <>^\markup{dis-dur}
de'2_\markup{dis}
f'_\markup{eis}
g'_\markup{g}
ga'_\markup{gis}
ab'_\markup{ais}
c''_\markup{c}
d''_\markup{d}
de''_\markup{dis} }

nach Korrektur von "f" auf "eis"

Ich bezeichne die 12-Tonreihe bei Eingabe für Lilypond durch : a ab b c cd d de e f fg g ga

Gruß
Erich

Hilflos-im-Code

Zitat von: erich am Samstag,  5. August 2017, 12:12
Hallo und Gruß
Danke, also genauso wie Es-Dur. Also diese Notenschrift verwechselt grundsätzlich enharmonisch? Also ein Tritonus zieht aus wie eine verminderte Quinte?

Jetzt verstehe ich gar nicht mehr, warum das praktisch sein soll?

Das vernebelt doch die ganze Terminologie, die die Harmonielehre verwendet. In der momentanen Notenschrift muss man sich merken auf was für einer Stufe, Dur, Moll und der Verminderte ist. Sobald Vorzeichen auftauchen, ist Ungewöhnliches bzw. Ungemach angesagt.

Es ist doch ein grundsätzliches Problem dem musikalischen Laien die Denkweise der enharmonischen Verwechslung, die aus seiner beschränkten Sicht sinnfälliger ist, auszutreiben. Warum ihn dann das Halbtonzählen erleichtern, wenn es die weiteren Fragen im Notenbild verunklart?

harm6

#26
Nunja, die dis-Dur-Tonleiter besteht aus den Tönen dis eis fisis gis ais his cisis dis. Alles andere ist falsch.

Wenn ich Erich richtig verstanden habe so ist diese Notation, wie auch andere ähnliche, entwickelt worden, um a-tonale, dodekaphone, serielle, etc Kompositionen zu notieren, nicht für Dur/moll-tonale Musik.
Von dieser Notationform eine Dur-Tonleiter schreiben zu lassen geht natürlich. Aber zu erwarten, daß sie in ähnlicher weise lesbar ist wie traditionelle Notenschrift ist schlichtweg verfehlt.
Dafür ist sie nicht gemacht.

Übrigens genauso wie Tabulaturen.
Hier eine Möglichkeit die dis-Dur-Tonleiter in einer bestimmten Tabulaturart aufzu schreiben

|------------------------
|-----------1-3-4--------
|-----0-1-3--------------
|-1-3--------------------
|------------------------
|------------------------


Hier eine andere
|------------------------
|------------------------
|------------5-7-9-------
|-----5-6-8--------------
|-6-8--------------------
|------------------------


Käme jemand Tabulaturunkundiger auf die Idee, daß es sich um exakt dieselben Töne handelt?
Unwahrscheinlich...
Das der Tabulatur vorzuwerfen ist aber ebenfalls ungerecht. Dafür ist sie nicht gemacht.


Gruß,
  Harm

EDIT
Das zweite Tabulaturbeispiel muß natürlich so gehen:

|------------------------
|------------------------
|------------5-7-8-------
|-----5-6-8--------------
|-6-8--------------------
|------------------------


Dank an Malte

erich

#27
Hallo Harm

ich verstehe nichts von Tabulaturen, vermute aber, dass die Linien
Abstraktionen von Saiten darstellen. Wenn ich annehme,
dass eine Durtonleiter dargestellt werden soll, dann bedeuten
1-3-4 große - kleine Sekunde
0-1-3 kleine - große Sekunde
1-3 große Sekunde

wie sind die Saiten gestimmt?

zu 1-3-4 addiere 4 : 5-7-8
und erhalte für die beiden Saiten die Folge: 0-1-3-5-7-8

zu 0-1-3-5-7-8 addiere 5 : 5-6-8-10-12-13
und erhalte für die drei Saiten die Folge: 1-3-5-6-8-10-12-13

also große-große-kleine-große-große-große-kleine Sekunde, eine Durtonleiter

Man erkennt, die leeren Saiten haben zueinander unterschiedliche Intervalle

Das zweite Beispiel kann man aber so nicht entschlüsseln, denn dann wäre oben eine
große Sekunde.

Gruß
Erich


Hilflos-im-Code

Zitat von: harm6 am Samstag,  5. August 2017, 18:47
Wenn ich Erich richtig verstanden habe so ist diese Notation, wie auch andere ähnliche, entwickelt worden, um a-tonale, dodekaphone, serielle, etc Kompositionen zu notieren, nicht für Dur/moll-tonale Musik.
Von dieser Notationform eine Dur-Tonleiter schreiben zu lassen geht natürlich. Aber zu erwarten, daß sie in ähnlicher weise lesbar ist wie traditionelle Notenschrift ist schlichtweg verfehlt.
Dafür ist sie nicht gemacht.

Die Behauptung war:
ZitatHallo, nicht ein Ersatz für Hilfslinien sondern eine Darstellung, welche die Intervalle unmittelbar ablesbar macht im Gegensatzt zur traditionellen.
Unmittelbar steht im Widerspruch dazu, dass erst die enharmonischen Verwechslung dekodiert werden muss.

Malte

Zitat von: erich am Sonntag,  6. August 2017, 07:36
ich verstehe nichts von Tabulaturen, vermute aber das die Linien
Abstraktionen von Saiten darstellen.
Ja.
ZitatWenn ich annehme,
dass eine Durtonleiter dargestellt werden soll,
Ja.
Zitatdann bedeuten
1-3-4 große - kleine Sekunde
0-1-3 kleine - große Sekunde
1-3 große Sekunde
Ja.
Zitatwie sind die Saiten gestimmt?
Von oben nach unten: e¹–h–g–d–A–E
Zitat
also große-große-kleine-große-große-große-kleine Sekunde, eine Durtonleiter
Ja, Es-Dur/Dis-Dur.
Zitat
Man erkennt, die leeren Saiten haben zueinander unterschiedliche Intervalle
Ja, reine Quarten und zwischen 2./3. Saite eine große Terz.
ZitatDas zweite Beispiel kann man aber so nicht entschlüsseln, denn dann wäre oben eine
große Sekunde.
Da hat harm sich einen kleinen Fehler erlaubt: Es müßte auf der g-Saite (III. Saite) 5–7–8 heißen, nicht 5–7–9. Sowas wär ihm in traditioneller Notation nicht so leicht passiert ;)