Taktzahlen für alle Instrumente

Begonnen von unique75m, Mittwoch, 18. April 2018, 18:38

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unique75m

Hallo

in meinem Lillypond-Projekt werden die Taktzahlen für jeden 2. Takt angezeigt. Dies habe ich mit folgendem Code erreicht:


\override Score.BarNumber.break-visibility = #end-of-line-invisible
\set Score.barNumberVisibility = #(every-nth-bar-number-visible 2)


Ich habe ein Score mit mehreren Staffs, die wiederum mehrere Voices haben. Obigen Code habe ich in jeder Voice eingebaut im \relative Block, wo die Noten stehen. Die Taktzahlen werden aber nur für den 1. Staff angezeigt.

Wie bekommt man das hin, dass die Taktzahlen über den Takten aller Staffs stehen? Bzw. wie kann man das pro Staff kontrollieren?

Ich habe die obigen Zeilen auch schon aus den Voices herauskopiert und in den Staff-Definitionen untergebracht, ebenfalls ohne Erfolg.

Malte

#1
Keine Zeit für Erklärungen, aber folgendes könnte helfen:

\layout {
  \context {
    \Score
    \remove Bar_number_engraver
  }
  \context {
    \Staff
    \consists Bar_number_engraver
  }
}


Edit: Jetzt hab ich kurz Zeit, mal anständig Hallo zu sagen. Willkommen im Forum! Bitte gib zu deinen Fragen immer deine LilyPond-Version an und nach Möglichkeit außerdem ein Minimalbeispiel.

Hier ein ausführlicheres Beispiel, welches zeigt, wie du allgemeine Änderungen machen kannst (im \layout-Block), um nicht das gleiche in alle Staffs schreiben zu müssen. Außerdem habe ich in zwei Staffs diese generellen Dinge dann wieder überschrieben (im \with-Block):\version "2.19.81"

\layout {
  \context {
    \Score
    \remove Bar_number_engraver
    \override BarNumber.break-visibility = #end-of-line-invisible
    barNumberVisibility = #(every-nth-bar-number-visible 2)
  }
  \context {
    \Staff
    \consists Bar_number_engraver
  }
}

<<
  \new Staff { R1*20 }
  \new Staff { R1*20 }
  \new Staff \with {
    \remove Bar_number_engraver
  } { R1*20 }
  \new Staff { R1*20 }
  \new Staff { R1*20 }
  \new Staff \with {
    barNumberVisibility = #(every-nth-bar-number-visible 3)
  } { R1*20 }
  \new Staff { R1*20 }
>>

Das ganze klappt auch mit Version 2.18.2, dann sollte natürlich der \version-Befehl angepaßt werden.

unique75m

Vielen Dank erstmal. Ich habe die erste Variante ausprobiert und Sie hat auch gleich funktioniert.

Ehrlich gesagt suche ich nach dem "schmerzfreiesten Weg" um handgeschriebene Noten zu digitalisieren. Mittlerweile habe ich von meinem Geigenlehrer ca. 50 DINA3 Blätter mit je 10 Instrumenten und teils 2 Voices pro Instrument und das innerhalb eines halben Jahres. Man kann sich vorstellen, wie der Papierstapel in 2-3 Jahren aussieht. Deswegen möchte ich das alles digitalisieren, zumal die Handschrift für mich als Anfänger oftmals zu unleserlich ist. Ich möchte dann gern auch nur die Voice separat drucken, die ich wirklich spiele. Das ganze soll dann später auf ein Tablet.

Bei Programmen wie MuseScore verplempert man zuviel Zeit mit der Nachformatierung, insbesondere wenn man Auszüge einzelner Voices macht ist die Formatierung komplett im Eimer. Die Noteneingabe ist auch alles andere als optimiert, man muss sich viel zu viele Tastenkombinationen merken oder zuviel mit der Maus bewegen, was Zeit kostet.

Bei LillyPond schreckt mich momentan die in meinen Augen oftmals zu umständliche Syntax ab. Das Lösen simpelster Probleme führt zu stundenlangem Durchwühlen der Dokumentation, was wie in diesem Falle hier erfolglos war. Erst deine Lösung hat mir geholfen. Sicherlich wird man irgendwann eine Grund-Template an Dateien haben, dass man immer wiederverwendet. Aber ich denke, sobald irgendein neues ungelöstes Problem auftritt, heißt das wieder, dass man stundenlang Dokumentation liest. Oder man hat so freundliche Helfer wie Dich in einem Forum :)

Ich würde Lillypond auch nicht als Empfehlung sehen für Leute wie meinen Geigenlehrer. Solange man ein Template bereitstellt, wo dann nur die Notenblöcke getippt werden wie "c cis d \upbow" ist das vielleicht noch alles verständlich. Bei Struktur-/Layoutproblemen wie diesem hier würden solche Leute alle das Handtuch werfen.

Manuela

Zitat von: unique75m am Freitag, 27. April 2018, 22:43
Ich würde Lillypond auch nicht als Empfehlung sehen für Leute wie meinen Geigenlehrer. Solange man ein Template bereitstellt, wo dann nur die Notenblöcke getippt werden wie "c cis d \upbow" ist das vielleicht noch alles verständlich. Bei Struktur-/Layoutproblemen wie diesem hier würden solche Leute alle das Handtuch werfen.

Dem Vernehmen nach sollen andere Notensatzprogramme auch nicht gerade einfach zum Erlernen sein  ;)

Irgendeine Krot wird man wohl fressen müssen, falls man am PC Noten setzen will.

Leider ist die Vergessenskurve auch ziemlich steil, wenn man längere Zeit nichts mit Lily gemacht hat. Für diesen Fall habe ich mir ein Wiki gebastelt, wo ich meine Erkenntnisse eintrage. Inzwischen kenne ich mich mit der Administration von Wikis bzw. der Mediawiki-Software hervorragend aus  ;)

Mit einem Wiki und der Transklusionslogik wäre es sogar möglich, Scores von der Mediawikisoftware automatisch zusammensetzen zu lassen. Man müsste sich geeignete Vorlagen erstellen, was ich irgendwann machen werde. Einen Teil habe ich schon, aber nichts Herzeigbares.
Danke für eure Hilfe
viele Grüße
-- Manuela

Hilflos-im-Code

Also ich nehme capella als Notenschreibmaschine. Damit schreiben sich die Noten mit am wenigsten Tastaturanschlägen verglichen zu MiseScore,Sibelius, Finale und Lilypond. Lilypond ist da das schlechteste Programm.

Je nachdem, was dem Notentext hinzugefügt werden muss, verwende ich Musescore oder capella.

Dann exportiere ich nach MusicXML und importiere es dann nach Lilypond. Es gibt wiederkehrende Ärgernisse bei diesem Import. Deswegen lasse ich ein Makro in Notepad drüberlaufen, dann ist ein wenig händische Nachbearbeitung nötig.

Für deinen Geigenlehrer sicher keine Option.

Zitat von: Manuela am Mittwoch,  9. Mai 2018, 12:04
Zitat von: unique75m am Freitag, 27. April 2018, 22:43
Ich würde Lillypond auch nicht als Empfehlung sehen für Leute wie meinen Geigenlehrer. Solange man ein Template bereitstellt, wo dann nur die Notenblöcke getippt werden wie "c cis d \upbow" ist das vielleicht noch alles verständlich. Bei Struktur-/Layoutproblemen wie diesem hier würden solche Leute alle das Handtuch werfen.

Dem Vernehmen nach sollen andere Notensatzprogramme auch nicht gerade einfach zum Erlernen sein  ;)

Irgendeine Krot wird man wohl fressen müssen, falls man am PC Noten setzen will.

Das ist leider ein Scheinargument, was eigentlich verhindert, eine sehr interessante Frage zu beantworten. Welches Interface macht aller Wahrscheinlichkeit der Mehrheit der Nutzer am wenigsten Probleme. Oder anders formuliert, was ist für die Masse am intuitivsten?

Und da dürften sich klare Tendenzen feststellen lassen. Das mag schwierig sein. Aber ich habe Finale, Musescore, Sibelius, Capella und lilypond benutzt. unique75m beschreibt die Situation ganz gut.

Manuela

Zitat von: Hilflos-im-Code am Mittwoch,  9. Mai 2018, 14:23

Das ist leider ein Scheinargument, was eigentlich verhindert, eine sehr interessante Frage zu beantworten. Welches Interface macht aller Wahrscheinlichkeit der Mehrheit der Nutzer am wenigsten Probleme. Oder anders formuliert, was ist für die Masse am intuitivsten?

Und da dürften sich klare Tendenzen feststellen lassen. Das mag schwierig sein. Aber ich habe Finale, Musescore, Sibelius, Capella und lilypond benutzt. unique75m beschreibt die Situation ganz gut.

Und was wäre deiner Meinung das Tool, das am wenigsten Probleme bereitet? Lilypond ist auf den ersten Blick wenig intuitiv, das mag sein. Trotzdem möchte ich kein WYSIWY(N)G-Notensatzprogramm mehr verwenden. Bei Musescore bin ich z.B. an den Pausen gescheitert, dass man die Zahl der Takte im Vorhinein angeben muss und keine Pausen löschen kann. Einmal eine falsche Eingabe, und das war's dann, ich kriegte es nie wieder hin.

Capella habe ich vor vielen Jahren mal benutzt, ich kann mich nicht wirklich mehr daran erinnen. Mit einiger Eingewöhnungszeit ging es ganz gut, das weiß ich noch.

Ich muss gestehen, dass ich seit jeher eine Vorliebe für Texteingaben habe. Die Benutzeroberfläche von Word z.B. ist mir immer auf die Nerven gegangen. Der beste und für mich am einfachsten zu bedienende Editor verwendete Kommandos, die mit einem Punkt in der 1. Spalte begannen. So schön und problemlos wie dieses Programm hat Word nie formatiert.

Ein Vorteil von Lilypond ist außerdem, dass die Daten reine Textdateien sind, die zur Not auch von einem Menschen gelesen werden können.

Danke für eure Hilfe
viele Grüße
-- Manuela

Hilflos-im-Code

Für jemanden der schnell und flüssig arbeiten will und sich mit dem Notensatz nicht repräsentieren muss, Capella. Capella ist aber im Notenbild sehr fehlerhaft. Wer sich das aus Rollengründen nicht leisten kann, Sibelius.

Malte

Ich habe, wenn auch nicht lang, probiert, mit Finale und Sibelius zu arbeiten. Bei beiden waren die allerersten Schritte (also z. B. Eingabe von einfachen Noten) intuitiver als in LilyPond, ja. Aber das wars dann auch schon, sobald man etwas kompliziertere Dinge brauchte, war ich echt enttäuscht von der Schwierigkeit, die richtigen Menüs und Werkzeuge zu finden.

Manuela

Zitat von: Hilflos-im-Code am Mittwoch,  9. Mai 2018, 14:23Damit schreiben sich die Noten mit am wenigsten Tastaturanschlägen verglichen zu MiseScore,Sibelius, Finale und Lilypond. Lilypond ist da das schlechteste Programm.

Wirklich? Ich tippe die Noten ungefähr so schnell ein wie ich sie mir vorsagen kann. Ob ich schneller wäre, wenn ich jede Note mit der Maus auf die richtige Position hinfummeln müsste, wage ich zu bezweifeln.

Wie geht eigentlich das Transponieren in Sibelius, Finale etc? In Lilypond füge ich ein relativ einfaches Kommando ein.
Danke für eure Hilfe
viele Grüße
-- Manuela

Hilflos-im-Code

Zitat von: Malte am Mittwoch,  9. Mai 2018, 17:20
Ich habe, wenn auch nicht lang, probiert, mit Finale und Sibelius zu arbeiten. Bei beiden waren die allerersten Schritte (also z. B. Eingabe von einfachen Noten) intuitiver als in LilyPond, ja. Aber das wars dann auch schon, sobald man etwas kompliziertere Dinge brauchte, war ich echt enttäuscht von der Schwierigkeit, die richtigen Menüs und Werkzeuge zu finden.
Einzelfall und Statistik.

Du bist in diesem Konflikt eine ziemlich schlechte Referenz. Du hast vor deinem Musikschulstudium Informatik studiert. Dir sind die Gedankengänge und Tippwege, um mit Lilypond klarer und vertrauter. Um so etwas wie Frescobaldi flott bedienen zu können ist hilfreich, schon früher mit solchen Werkzeugen gearbeitet zu haben. Bei Bedienungskonzepten greift man auch auf bisher erworbene Gewohnheiten und Fähigkeiten zurück. Und da ist ein Informatiker klar im Vorteil.
Zitat von: Manuela am Mittwoch,  9. Mai 2018, 21:26
Zitat von: Hilflos-im-Code am Mittwoch,  9. Mai 2018, 14:23Damit schreiben sich die Noten mit am wenigsten Tastaturanschlägen verglichen zu MiseScore,Sibelius, Finale und Lilypond. Lilypond ist da das schlechteste Programm.

Wirklich? Ich tippe die Noten ungefähr so schnell ein wie ich sie mir vorsagen kann. Ob ich schneller wäre, wenn ich jede Note mit der Maus auf die richtige Position hinfummeln müsste, wage ich zu bezweifeln.

Manuela, nimm es mir nicht übel, das ist jetzt doch wirklich Unfug. Wenn ich die Noteneingabe als solches beschreibe, hat dass doch nichts mit der späteren Positionierung zu tun.

Dass die Anschlagszahl bei Capella niedriger ist, habe ich an anderer Stelle hier schon mal vorgerechnet. Du hast dich an diesem Thread beteiligt.

Malte

#10
Zitat von: Hilflos-im-Code am Donnerstag, 10. Mai 2018, 10:25
Zitat von: Malte am Mittwoch,  9. Mai 2018, 17:20
Ich habe, wenn auch nicht lang, probiert, mit Finale und Sibelius zu arbeiten. Bei beiden waren die allerersten Schritte (also z. B. Eingabe von einfachen Noten) intuitiver als in LilyPond, ja. Aber das wars dann auch schon, sobald man etwas kompliziertere Dinge brauchte, war ich echt enttäuscht von der Schwierigkeit, die richtigen Menüs und Werkzeuge zu finden.
Einzelfall und Statistik.
Kein Satz. Aber ich weiß, was du meinst. Allerdings darf ich darauf hinweisen, daß ich an einem Finale-Kurs an meiner Hochschule teilgenommen habe. Intuitiv war das Ganze für keine*n der zwölf Teilnehmer*innen, sobald es um mehr als ,,ich gebe einstimmige Noten ohne Artikulation ein" ging. LilyPond ist hier nicht intuitiver, aber ich will einfach festhalten, daß auch Finale und Sibelius nicht selbsterklärend sind.

Zitat
Du bist in diesem Konflikt eine ziemlich schlechte Referenz. Du hast vor deinem Musikschulstudium Informatik studiert. Dir sind die Gedankengänge und Tippwege, um mit Lilypond klarer und vertrauter. Um so etwas wie Frescobaldi flott bedienen zu können ist hilfreich, schon früher mit solchen Werkzeugen gearbeitet zu haben. Bei Bedienungskonzepten greift man auch auf bisher erworbene Gewohnheiten und Fähigkeiten zurück. Und da ist ein Informatiker klar im Vorteil.
Falsch.

Ich habe 2008 LilyPond zum ersten Mal genutzt und erst 2011 mein Informatikstudium begonnen. Mit Finale habe ich vorher seit 1999 schon probiert zu arbeiten, und zwar in den Versionen von 1998 und 2007. (Inzwischen habe ich auch Finale 2014 und Sibelius 7 verwendet.)

Natürlich ist es wahr, daß Gewohnheiten sich dann doch irgendwie widerspiegeln. Für den allerersten Anfang mag das auch noch einen Unterschied geben, aber bei komplizierteren Dingen braucht jedes mir bekannte Notensatzprogramm ordentlich Einarbeitungszeit.

Hilflos-im-Code

#11
Zitat von: Malte am Donnerstag, 10. Mai 2018, 11:38
Mit Finale habe ich vorher seit 1999 schon probiert zu arbeiten, und zwar in den Versionen von 1998 und 2007.
Mein herzliches Beileid.

Dass Du Lilypond schon vor deinem Studium besser fandest, wundert mich aber nicht. Dass Du Informatik studiert hast, spricht doch für eine gewisse Vorgeprägheit deiner Person. Zu  C64 Zeiten hatte ich einen Klassenkameraden und Außenseiter für den war die höchste Wonne in Maschinensprache zu programmieren. Wir waren mit Basic glücklich. Und wer hat Informatik studiert?

Persönlich bin ich der Ansicht, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, denen bestimmte Konzepte und Herangehensweisen von Natur aus leichter fallen oder mehr Genuß verschaffen. Diese Gruppe ist aber auch eine Minderheit. Die entwickelt dann Sachen und versucht dem Rest der Menschheit klarzumachen, dass diese Konzepte für alle besser und leichter seien.

Diese Streits was da besser ist, ist eher ein Streit darum, nicht zu einer spleenigen Minderheit zu gehören.

Manuela

Zitat von: Hilflos-im-Code am Freitag, 11. Mai 2018, 09:40
Diese Streits was da besser ist, ist eher ein Streit darum, nicht zu einer spleenigen Minderheit zu gehören.

Ich sehe das nicht als Streit, sondern als Diskussion, wo hoffentlich jeder seine eigene Meinung haben darf, ohne dass sie als Unfug bezeichnet wird.  ;)
Danke für eure Hilfe
viele Grüße
-- Manuela

rgree

Liebe Leute
Ich erfasse fast nur Streichquartett-Partituren und gehe dann immer folgendermaßen vor:
(vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich früher IT-Spezialist war)

1. Erfassung mit Denemo.
   Das hat zwar die Überwindung einer gewissen Lernkurve erfodert, es war aber nur eine kleine.
   In Denemo kann man auch schön die 4 Stimmen gleichzeit erfassen, ganz oder teilweise anhören etc.
   Als letztes erzeuge ich einen sogenannten "Quick-Lilypond"-Output, eine Text-Datei,
   die von Lylipond ohne Murren akzeptiert würde, die ich aber in einem leistungsfähigen   

2. Texteditor
   mit ein paar Handgriffen so ändere, dass ich sie in
   
3. Frescobalid
   per Cut und Paste in ein (von mir gebasteltes) Template einsetzen kann. Das Template kann das Endprodukt schon vollständig erzeugen,
   enthält aber statt der richtigen Noten Dummy-Noten
   Jetzt wird nur noch mit Fresobaldi gearbeitet, um die letzten Feinheiten anzubringen.
   
Tatsächlich gibt Lilypond viele Kröten zu schlucken, die ja auch teilweise genannt wurden.
Ich würde noch ergänzen,
- dass ich es erstaunlich finde, dass ausgerechnet eine solch skurrile Programmiersprache wie das Lisp-Derivat "Scheme" (ich kenne ungefähr 10 Programmiersprachen ganz gut)
  als Interface-Spache gewählt wurde; sie ist - nach meiner Beobachtung und was hier so im Forum ausgebreitet wird -
  für das Gros der Lilypond-Anwender (insbes. ohne IT-Hintergrund) extrem gegen-intuitiv; was übrigens nach meinem Geschmack auch für viele Scheme-Funktionen gilt;
  Beispiel \partial
    dass z.B. \partial 4. dasselbe ist wie \partial 8*3,
    aber das so etwas wie \partial 3/8 (für mich das Intuitivste)
    nicht unterstützt wird, obwohl der \time-Befehl ja diese Art Parameter akzeptiert;
    dass dann in diesem Zusammenhang die Regel gilt, das \partial innerhalb eines Musikstücks nicht nochmal kommen darf,
    obwohl es klaglos (unter Absonderung eines Warning) funktioniert, und man stattdessen so etwas schreiben muss wie
    \set Timing.measurePosition = #(ly:make-moment -1/8) % = \partial 4. : schon wieder eine andere Art zu parametrieren;
    mir ist als IT-ler natürlich klar, dass das alles wohldefinierte Funktionen sind, aber wer kann sie ohne Doku-Studium bewältigen,
    wo doch so einfach und klar ist was man will   
- dass eigentlich eine vernünftige Preprozessor-Sprache fehlt, mit der man die Wiederbenutzbarkeit der Quellen stark steigern könnte;
  der \tag-Mechanismus ist dafür ziemlich unzureichend: er verlangt, dass der bedingte Text ein Musikstück ist;
  aber wenn man nun eine bedingtes Markup haben will, wird's schon schwierig, geschweige denn eine flexiblere Ausgabe von Titelzeilen
  je nach dem Zweck, den die Notenausgabe erfüllen soll;
  außerdem fehlt als Gegenpart zu \tag so etwas wie \else, dessen Verfügbarkeit viel vereinfachen würde;
  eine Preprozessorsprache sollte nichts wissen über irgendwelche Syntax-Erfodernisse des Textes, den sie bearbeitet, sondern
  zuverlässig, gesteuert durch Preprozessor-Variablen, die Zusammenstellung der Quellen bewerkstelligen, auf die DANACH der
  Interpreter losgeht; so wird es in C++, in Delphi (oder wo auch immer noch) vorbildlich angeboten;
  so etwas ist - sogar mit geschachtelten if-else-Strukturen - relative leicht zu implementieren (hab ich schon gemacht): Aufwand 3 Tage,
  sofern die Regel gilt, dass die Preprozessor-Steurungs-Direktiven sich immer auf Spalte 1 des Source-Textes befinden und ein Prefix
  haben, das mit einem Kommentarzeichen beginnt, also zb. %$%define  %$%if  %$%else  %$%elseif  %$%end  %$%undefine:
  dadurch wäre sogar die Abwärtskompatibilität gewährleistet
  (ich breche das mal hier ab, bevor die Begeisterung mit mir durchgeht :-) )
 
  TROTZ ALLEM BLEIBT FÜR MICH ABER IMMER EIN FAZIT, Lilypond (ein kostenloses(!) Tool)) produziert letztlich das schönste und professionellste Notenbild.
  Und das ist das wichtigste und dafür schlucke ich dann halt auch ein paar Kröten. 

Schönen Tag wünscht Euch
Reinhard
   
 
         


unique75m

Ohje da hab ich ja eine Diskussion losgetreten :-)

Ich schließe mich aber meinem Vorredner (oder -schreiber :-)) "rgree" an. Lilypond vertritt den Anspruch das schönste Notenbild der Welt produzieren zu wollen. Vielleicht hätte man aber auch mal den Anspruch setzen sollen, dass es intuitiv und leicht zu benutzen ist. Was nützt mir die schönste Ausgabe, wenn ich selbst bei trivialen Dingen massive Probleme habe, stundenlang Doku wälzen muss, um dann doch mal irgendein mystisches Codeschnipsel zu finden. Am Ende der Pipeline soll ein Ferrari rauskommen, aber während der Produktion habe ich nur den Faustkeil benutzt.

Modularität, wiederverwendbarer Code und hierarchische Dateitemplates werden meiner Meinung nach sehr mangelhaft von Lillypond unterstützt. Und dabei wird in der Dokumentation nur allzu oft gelobt, wie toll Lilypond doch für große Partituren ist. Was nützen mir z.B. Tags, wenn sie nur innerhalb von Scores funktionieren. Ebenso irgendwelche Scheme-Musik-Funktionen, die ich übrigens in einem anderen Thread von mir beschreibe. Dort suche ich nach einem umfassenden if-Ansatz, damit man bedingte Kompilierung machen kann. Ich halte das für unumgänglich, wenn man große Projekte machen will.

Ansonsten darf mir irgendwer mal gern erklären, wie ich ein Buch mit 4 Scores zu je 12 Staffs + PianoStaff mit bis zu 3 Voices pro Staff anlege. Ich möchte dieses Buch als Gesamtkunstwerk drucken, dann aber auch gezielt von allen Scores nur die Violinstimme mit anderem Papierformat. Ich werde hier den Teufel tun und auf keinen Fall hier alles in eine Gesamt-Struktur-Datei kippen, um dann die dynamischen Teile von außen per Variablen zu kontrollieren. Das ist reinster Spaghetti-Code, den man nach 2 Tagen nicht mehr versteht. Ich teile meine Dateien hierarchisch auf. Eine book.ly inkludiert die einzelnen scoreXX.ly, diese includieren wiederum die vielen staffXX.ly und diese wiederum die voiceXX.ly. Damit wird der Code innerhalb der Dateien auf ein Minimum reduziert und bleibt auch für Laien wie meinen Geigenlehrer verständlich. Der braucht dann nämlich nur in die Voice-Dateien schauen und seine Noten tippen.

Mir fehlt hier eindeutig ein Präprozessor oder zumindest eine Lilypond-Funktion für einen if-Befehl, damit man bedingte Kompilierung machen kann. Diese Funktion muss dann überall funktionieren, auch außerhalb einer book-Definition. Außerdem wäre es nützlich wenn Lilypond auch mal mit regulären Ausdrücken oder mind. mit Wildcards umgehen kann. Dann könnte man mehrere Dateien per Namensmuster includieren, anstatt jede Staff-Datei oder Voice-Datei einzeln in der übergeordneten Datei. Mit einem Wildcard-Include wäre es für Laien auch einfacher, weil sie dann nur eine voiceXX.ly kopieren müssen und die Nummer XX hinten ändern, fertig. Die müssen dann nicht in die staffXX.ly und dort auch noch den \include Befehl eintippen, da hat die Omi sowieso keine Ahnung von, was sie da tut.

Mir scheint es auch so zu sein, dass man außerhalb von book oder score nicht jedwede Variablendefinition machen kann. Wenn die Variablendefinition dann sowas wie \paper oder \header enthält, scheint er das direkt auszuführen und ihm gefällt der Kontext nicht. Das macht es auch schwer wiederverwendbaren Code zu bauen. Ich möchte eben nicht nur den String "a3" als Variable definieren, sondern gleich den ganzen \paper-Block oder \layout Block, damit ich das Getippe erspare.

Ingesamt kann man sich schon mit viel Schmerzen an den Lilypond-Syntax gewöhnen. Ich frage mich aber dennoch, ob ich nicht wieder beim nächsten trivialen Ding das Handtuch werfe und wochenlang im Internet wühlen muss. Ich möchte wenns geht noch in diesem Leben fertig werden. Ich habe jetzt schon ca. 50 handgeschriebene Notenblätter und mein Geigenlehrer hat noch einen riesigen Schrank voll davon.