(fast) reine Stimmung "QuintGen"

Begonnen von erich, Sonntag, 11. Februar 2018, 10:50

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erich

Hallo allen

Angeregt durch die Diskussion hier im Forum https://lilypondforum.de/index.php/topic,171.0.html und die Feststellung, dass sich dis und es nur geringfügig um weniger als 2 cent unterscheiden, habe ich versucht diese Differenz in einer Stimmung auszugleichen also zu temperieren.

Es stellte sich heraus, dass man, anders als erwartet, zu einer übersichtlichen Darstellung gelangt, wenn man nicht von der reinen Stimmung ausgeht sondern von der pythagoreischen.
Wenn man die Differenz dis-es temperiert, also zum Verschwinden bringt, kann  man alle Töne einer (fast) reinen Scala allein durch Quinten erzeugen. Nimmt man außer den herkömmlichen Akzidentien ♯ und ♭ nur das syntonische Komma hinzu, kann man in einem System 40 (fast) reine Tonarten gleichzeitig darstellen.

Ich habe  meine Untersuchung auf der Seite  https://meyerich.pythonanywhere.com/QuintGen ausführlich dargestellt und auch eine kleine Intonationsstudie  über J.S.Bachs Präludium C-Dur (BWV 846) ausgeführt.

Über Meinungen dazu würde ich mich sehr freuen.

Gruß
Erich

Malte

Hallo Erich,

ich hab mich jetzt länger mit deinem Text und ähnlichen Dingen beschäftigt, hier meine Anmerkungen dazu:

  • Die Struktur der Homepage ist mir noch nicht ganz klar geworden, vielleicht auch, weil die ,,Nachbemerkungen" eigentlich Vorbemerkungen sind, aber z. B. ν(X) erst später definiert wird.
  • Im ,,naturwissenschaftlichen" Kapitel ist die erste Berechnung falsch, es müßte sich eine reine große Terz mit 386 ct ergeben, nicht 394 ct.
  • Der Wert für das syntonische Komma ist falsch angegeben: Das syntonische Komma hat einen Wert von 21,51 ct, nicht 20,53 ct (dieser Wert wird allerdings weiter unten noch auftauchen).
  • Ich könnte mir vorstellen, daß ein anderer Sound als Klavier bessere Ergebnisse liefert, die ganzen reinen Beispiele klingen nicht rein, was aber vermutlich eben auch am Sound liegt.
  • Im Kapitel ,,einfach darstellbar" gibts ein Schriftgrößen-Chaos bei den Notenbeispielen. Das scheint mit an meinem Browser (Firefox) zu liegen, aber vielleicht wärs besser, hier PNG statt SVG zu verwenden? Im selben Kapitel ist nicht klar, was genau die beiden nebeneinanderstehenden Hörbeispiele genau darstellen.
  • Im Kapitel, welches mit ,,QuintGen" überschrieben ist, beschreibst du zwei Möglichkeiten (unter ,,Vereinigung der beiden Folgen"), wie der kleine Unterschied zwischen pythagoreischer Quarte C–Fes und reiner großer Terz C–E aufgelöst werden kann. Das ist der interessanteste Punkt der ganzen Geschichte, deshalb werd ich unter dieser Liste genauer drauf eingehen. Hier wäre noch ein Hinweis hilfreich, daß ,,QuintGen" tatsächlich (nur) die zweite von dir vorgestellte Möglichkeit bezeichnet.
  • Übrigens: Nach wie vor halte ich es für fragwürdig, Dis und Es in einer reinen Stimmung grundsätzlich als so ähnlich anzusehen. Wenn wir C als tonales Zentrum annehmen (wovon ich ausgehe) und mit 0 ct als Referenzpunkt bezeichnen, wäre wie im anderen Thread schon gesagt die naheliegendste Erklärung (aber damit nur eine von mehreren) die, daß Es eine kleine Terz über C liegt (315,64 ct) und Dis die große Terz zu H ist, welches wiederum die große Terz zu G ist (274,58 ct). Wir haben hier also keineswegs einen Unterschied von knapp 2 ct, sondern einen von gut 41 ct, kleine Diesis genannt.

So viel erst mal an Details, nun zum oben schon angekündigten größeren Punkt:

Wie du richtig festgestellt hast, unterscheiden sich die pythagoreische Quarte und die reine große Terz nur um sehr wenig; das liegt daran, daß das syntonische und das pythagoreische Komma fast gleich groß sind. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen den beiden Intervallen genau der zwischen den beiden Kommata, nämlich 32805 / 32768 = 3⁸ · 5 / 2¹⁵ bzw. 1,95 ct (das entspricht auch exakt den von dir postulierten knapp 2 ct zwischen Dis und Es aus dem anderen Thread, hier reden wir aber nicht über reine Stimmung, sondern über pythagoreische in Verbindung mit einer einzelnen reinen großen Terz).

Es gibt nun mindestens drei Möglichkeiten, was man mit diesen 1,95 ct anstellt, zwei davon hast du bereits dargestellt. In jedem Fall spielt man dann aber verminderte Quarten und übermäßige Sekunden statt großer und kleiner Terzen (z. B. C–Fes–G und A–His–E oder Heses–C–Fes statt C–E–G und A–C–E). Die drei mir bekannten Möglichkeiten lauten wie folgt:

  • Die pythagoreische Stimmung unverändert verwenden und mit den etwas zu kleinen großen und etwas zu großen kleinen Terzen leben.
  • Jede Quinte wir um 1/8 dieser 1,95 ct kleiner gemacht. Warum ausgerechnet 1/8? Ganz einfach, die verminderte Quarte entspricht 8 Quinten (z. B. Fes–Ces–Ges–Des–As–Es–B–F–C). Das entspricht deinem QuintGen. Damit hat man fast reine Quinten und kleine Terzen sowie reine große Terzen. Als Seiteneffekt wird sozusagen das pythagoreische Komma damit von 23,46 ct auf 20,53 ct verkleinert.
  • Sowohl die pythagoreische als auch die QuintGen-Stimmung haben das spielpraktische Problem, daß sie den Quintenzirkel nicht schließen. Nach 12 Quinten ergibt sich ein pythagoreisches Komma von 23,46 bzw. 20,53 ct. Wollen wir das ausmerzen, bekommen wir die gleichstufige Stimmung und unsere Terzen werden furchtbar falsch. Es gibt aber eine weitere Lösung: Einfach im Quintenzirkel in pythagoreischer Stimmung noch weiter gehen als 12 Quinten und feststellen, daß 53 reine Quinten und 31 Oktaven sich nur um 3,62 ct unterscheiden (Mercators Komma). Wenn wir dieses Komma auf 53 Quinten aufteilen, bekommen wir eine gleichstufige Stimmung mit geschlossenem Quintenzirkel (C=Eisisisisisis). Dabei sind die Terzen wieder schlechter/näher an pythagoreischer Stimmung als bei QuintGen, dafür haben wir aber eine Stimmung mit nur endlich vielen Tonhöhen.

Als Übersicht hier die verschiedenen Intervallgrößen in pythagoreischer Stimmung, QuintGen, 53-stufiger Gleichstufigkeit, reine Bezugsintervalle:
Intervall       pyth.   53-stufig  QuintGen  reine Terzen/Quinten
=================================================================
Quinte          701,96   701,89     701,71     701,96
verm. Quarte    384,36   384,91     386,31     386,31
überm. Sekunde  317,60   316,98     315,40     315,64


Und aus historischem/spielpraktischem Interesse gibts hier noch den Vergleich von 31-stufiger Gleichstufigkeit und mitteltöniger Stimmung (die ,,normale" Viertelkomma-Mitteltönigkeit):

Intervall  31-stufig  mitteltönig
=================================
Quinte      696,77      696,58
gr. Terz    387,10      386,31
kl. Terz    309,68      310,26

Hier hat man tatsächlich Terzen und nicht verminderte Quarten/übermäßige Sekunden. Dafür sind halt die Quinten sehr klein, was aber ein Alte-Musik-Ohr durchaus gewohnt ist ;)

Malte

Zum Kapitel ,,Intonationsübung" hab ich auch noch ein paar Anmerkungen:

  • Zuerst einmal eine (zugegebenermaßen etwas kleinliche) Anmerkung zum Begriff ,,reine Stimmung": Wenn man davon ausgeht, daß ,,reine Stimmung" bedeutet, daß möglichst alle Akkorde und Intervalle rein sind, dann folgt daraus sofort, daß Töne abhängig von ihrem Kontext unterschiedliche Tonhöhen haben; für Takt 2 hieße das, daß ,,reine Stimmung" sofort das tiefere D impliziert (und nicht etwa das höhere A). Darauf kommt man über die reinen Intervalle C–F–A–D. Es wäre also im engeren Sinne keine Modifikation nötig; im weiteren Sinne natürlich schon: es muß ja jemand merken, daß das tiefe D zu wählen ist.
  • Zu Takt 8: verstehe ich das richtig, daß du hier die kleine Sekunde H–C zugunsten der weniger dissonanten großen Sekunde B–C aufgibst? Das ist ein nicht unerheblicher Eingriff in die Komposition und meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt; diese Dissonanz ist ja durchaus gewollt. Es wäre außerdem zu klären, ob lieber ein großer (9/8) oder ein kleiner (10/9) Ganzton B–C zu wählen wäre, wenn in den Noten ein B stünde.
  • Zu Takt 10: hier könnte man das C noch erhöhen, damit A–C rein ist. Ich hab auch nicht mehr in Erinnerung, wie für dich das ,,standardmäßige" Fis aussieht, ggf. wäre das anzupassen, damit D–Fis rein wird.
  • Zu Takt 16: Doch, die naheliegende Lösung wäre, die Intervalle E–C–F–A rein zu machen. Wenn ich das richtig sehe, ist also an dieser Stelle kein Änderungsbedarf. Hier gilt wiederum: Keine Eingriffe in die Komposition! Die Dissonanzen sind gewollt.
  • Grundsätzlich habe ich das Gefühl, daß du bei reiner Stimmung relativ Skalen-orientiert denkst, was meiner Meinung nach nicht der richtige Ansatz ist, weil es nunmal vielmehr um vertikale Zusammenhänge (Intervalle, Akkorde) geht. Ein Akkord muß nicht in eine ,,reine" Skala passen, um rein zu sein. Eine ,,reine" Skala ergibt sich andersherum überhaupt erst aus reinen Akkorden.

erich

Hallo Malte,

danke für Deine ausführliche Antwort, ich werde hier nur auf die ersten Punkte eingehen und auf das Weitere gesondert später:

ZitatDie Struktur der Homepage ist mir noch nicht ganz klar geworden, vielleicht auch, weil die ,,Nachbemerkungen" eigentlich Vorbemerkungen sind, aber z. B. ν(X) erst später definiert wird.
Ich bin zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wie Drobisch; vielleicht wird es auch mir so gehen wie ihm, da auch ich zu viel mathematische Vorkenntnisse voraussetze. Die ν(X)-Funktion, die jedem Tonzeichen eine ganze Zahl zuordnet, ist ein physikalisches Maß, das jede Folge von sieben aufeinander folgende Zahlen zu einer fast reinen pythagoreischen Dur-Tonart macht. Ohne überheblich sein zu wollen, aber ob das wirklich allgemein verstanden wird?


ZitatIm ,,naturwissenschaftlichen" Kapitel ist die erste Berechnung falsch, es müßte sich eine reine große Terz mit 386 ct ergeben, nicht 394 ct.
Stimmt!


ZitatDer Wert für das syntonische Komma ist falsch angegeben: Das syntonische Komma hat einen Wert von 21,51 ct, nicht 20,53 ct (dieser Wert wird allerdings weiter unten noch auftauchen).
Das syntonische Komma hängt in seiner numerischen Größe vom Frequenverhältnis der angenommenen Quinte ab; wenn man die Quinte etwas verkleinert (1.499788419 statt 1.5), so dass man zu  reinen Terzen kommt, wird auch das syntonische Komma  kleiner; es verschwindet ganz, wenn man für die Quinte ein Frequenzverhältnis von 1.498307 wählt, das zur gleichstufigen Stimmung führt.

ZitatIch könnte mir vorstellen, daß ein anderer Sound als Klavier bessere Ergebnisse liefert, die ganzen reinen Beispiele klingen nicht rein, was aber vermutlich eben auch am Sound liegt.
Das ist in der Tat ein kritischer Punkt: Wenn ich die mit LilyPond erhaltenen MIDI-Dateien mit timidity direkt zu Gehör brachte und mit den akustischen Ergebnissen zufrieden war, gelang es mir nicht diese mit timidity und lame in eine MP3-Datei zu verwandeln mit demselben akustischen Ergebnis. Da weiß ich keinen Ausweg.

ZitatIm Kapitel ,,einfach darstellbar" gibts ein Schriftgrößen-Chaos bei den Notenbeispielen. Das scheint mit an meinem Browser (Firefox) zu liegen, aber vielleicht wärs besser, hier PNG statt SVG zu verwenden? Im selben Kapitel ist nicht klar, was genau die beiden nebeneinanderstehenden Hörbeispiele genau darstellen.
Ich verwende den neuen FF57 (Firefox) problemlos!

ZitatIm Kapitel, welches mit ,,QuintGen" überschrieben ist, beschreibst du zwei Möglichkeiten (unter ,,Vereinigung der beiden Folgen"), wie der kleine Unterschied zwischen pythagoreischer Quarte C–Fes und reiner großer Terz C–E aufgelöst werden kann. Das ist der interessanteste Punkt der ganzen Geschichte, deshalb werd ich unter dieser Liste genauer drauf eingehen. Hier wäre noch ein Hinweis hilfreich, daß ,,QuintGen" tatsächlich (nur) die zweite von dir vorgestellte Möglichkeit bezeichnet.
Danke, den Hinweis hatte ich schon irgendwann eingefügt

ZitatÜbrigens: Nach wie vor halte ich es für fragwürdig, Dis und Es in einer reinen Stimmung grundsätzlich als so ähnlich anzusehen. Wenn wir C als tonales Zentrum annehmen (wovon ich ausgehe) und mit 0 ct als Referenzpunkt bezeichnen, wäre wie im anderen Thread schon gesagt die naheliegendste Erklärung (aber damit nur eine von mehreren) die, daß Es eine kleine Terz über C liegt (315,64 ct) und Dis die große Terz zu H ist, welches wiederum die große Terz zu G ist (274,58 ct). Wir haben hier also keineswegs einen Unterschied von knapp 2 ct, sondern einen von gut 41 ct, kleine Diesis genannt.
C-Dur hat in QuintGen die Scala C D E↓ F G A↓ B↓ C,
C-Moll hat in QuintGen die Scala C D E♭↑ F G A♭↑ B♭↑ C
und
D♯-Dur hat in QuintGen die Scala E F♯ G♯↓ A B C♯↓ D♯↓ E

Zur Unterscheidung werde ich vor Deine Tonzeichen immer ein µ setzen; Du willst also µD♯ und µE♭ miteinander vergleichen, also in QuintGen formuliert: D♯↓ mit E♭↑. Es ist ν(D♯↓) = -3 und ν(E♭↑) = 9. Die Differenz der Exponenten ist also 12, die beiden Töne unterscheiden sich also um das syntonische Komma, denn es ist ν(↑) = ν(C↑)-ν(C) = 12-0 = 12

Um µD♯ und µH zu vergleichen, tue ich das in D♯-Dur:
Es ist µH = B und ν(B) = 5 und es ist µD♯= D♯↓ und ν(D♯↓) = -3, also ist die Differenz der Exponenten -3-5 = -8 bzw. 386.31 ¢ entsprechend einer großen Terz.
Ich frage Dich: Wo ist das Problem?

Wie schon eingangs geschrieben, werde ich auf das Weitere später eingehen.

Gruß
Erich

Malte

Zitat von: erich am Mittwoch, 21. Februar 2018, 09:28
Ich bin zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wie Drobisch; vielleicht wird es auch mir so gehen wie ihm, da auch ich zu viel mathematische Vorkenntnisse voraussetze. Die ν(X)-Funktion, die jedem Tonzeichen eine ganze Zahl zuordnet, ist ein physikalisches Maß, das jede Folge von sieben aufeinander folgende Zahlen zu einer fast reinen pythagoreischen Dur-Tonart macht. Ohne überheblich sein zu wollen, aber ob das wirklich allgemein verstanden wird?
Mir persönlich ist eine nicht auf Anhieb (aber mit Nachdenken) verständliche Definition lieber als keine Definition. Bzw. noch lieber eine sofort verständliche Definition → eventuell nicht vorhandene Vorkenntnisse (welche wären das?) vorher wiederholen.

Zitat
Das syntonische Komma hängt in seiner numerischen Größe vom Frequenverhältnis der angenommenen Quinte ab; wenn man die Quinte etwas verkleinert (1.499788419 statt 1.5), so dass man zu  reinen Terzen kommt, wird auch das syntonische Komma  kleiner; es verschwindet ganz, wenn man für die Quinte ein Frequenzverhältnis von 1.498307 wählt, das zur gleichstufigen Stimmung führt.
Nur kurz zum Verständnis: mit reinen Terzen meinst du die verminderten Quarten, die genau 5/4 groß sind, oder? Ich kann deine Argumentation jetzt nachvollziehen, ja. Allerdings wäre vielleicht ein anderer Begriff (z. B. QuintGen-Komma) sinnvoll, da das angepaßte syntonische Komma und das angepaßte pythagoreische Komma ja gleich groß sind (also wäre die Unterscheidung zwischen syntonischem und pythagoreischem nicht mehr nötig); zumindest aber ein Hinweis auf diesen nun anders belegten Begriff wäre hilfreich. (Übrigens halte ich viel davon, nur die ursprünglichen Werte der Kommata so zu nennen, weil sonst ja z. B. das ¼-Komma-Mitteltönige ein syntonisches Komma von 0 ct hätte – ¼ Komma wären also 0 ct → Henne-Ei-Problem.)

Zitat
ZitatIch könnte mir vorstellen, daß ein anderer Sound als Klavier bessere Ergebnisse liefert, die ganzen reinen Beispiele klingen nicht rein, was aber vermutlich eben auch am Sound liegt.
Das ist in der Tat ein kritischer Punkt: Wenn ich die mit LilyPond erhaltenen MIDI-Dateien mit timidity direkt zu Gehör brachte und mit den akustischen Ergebnissen zufrieden war, gelang es mir nicht diese mit timidity und lame in eine MP3-Datei zu verwandeln mit demselben akustischen Ergebnis. Da weiß ich keinen Ausweg.
Ich probiere gerade, Scala und, falls das klappt, evtl. auch Hauptwerk zu installieren, zwei Tools, die von unseren Musiktheorie-Dozenten gern für Stimmung/Intonation genutzt werden. Vielleicht kann man mit Hauptwerk auch in diesem Fall was anfangen? Und Scala eignet sich wahrscheinlich noch besser als LilyPond zum Ausprobieren verschiedener Stimmungen.

Zitat
ZitatIm Kapitel ,,einfach darstellbar" gibts ein Schriftgrößen-Chaos bei den Notenbeispielen. Das scheint mit an meinem Browser (Firefox) zu liegen, aber vielleicht wärs besser, hier PNG statt SVG zu verwenden? Im selben Kapitel ist nicht klar, was genau die beiden nebeneinanderstehenden Hörbeispiele genau darstellen.
Ich verwende den neuen FF57 (Firefox) problemlos!
Ich sogar FF58, vielleicht hab ich irgendwas in den Schriftart-Einstellungen falsch gemacht ...

Zitat
ZitatÜbrigens: Nach wie vor halte ich es für fragwürdig, Dis und Es in einer reinen Stimmung grundsätzlich als so ähnlich anzusehen. Wenn wir C als tonales Zentrum annehmen (wovon ich ausgehe) und mit 0 ct als Referenzpunkt bezeichnen, wäre wie im anderen Thread schon gesagt die naheliegendste Erklärung (aber damit nur eine von mehreren) die, daß Es eine kleine Terz über C liegt (315,64 ct) und Dis die große Terz zu H ist, welches wiederum die große Terz zu G ist (274,58 ct). Wir haben hier also keineswegs einen Unterschied von knapp 2 ct, sondern einen von gut 41 ct, kleine Diesis genannt.
C-Dur hat in QuintGen die Scala C D E↓ F G A↓ B↓ C,
C-Moll hat in QuintGen die Scala C D E♭↑ F G A♭↑ B♭↑ C
und
E-Dur hat in QuintGen die Scala E F♯ G♯↓ A B C♯↓ D♯↓ E

Zur Unterscheidung werde ich vor Deine Tonzeichen immer ein µ setzen; Du willst also µD♯ und µE♭ miteinander vergleichen, also in QuintGen formuliert: D♯↓ mit E♭↑.
Nein. Ich will D♯↓↓ mit E♭↑ vergleichen, nicht D♯↓. Wenn wir in reiner Stimmung in μC-Dur nach μe-Moll gehen, ist das nämlich E↓-Moll, nicht E-Moll (als Akkordfolge zur Erklärung: μC-Dur→μe-Moll→μH-Dur). Also ist auch μDis die große Terz über H↓, nicht über H. Vielleicht wäre ein Präfix für Tonnamen eher für dein System sinnvoll als für ,,meins". Deins ist schließlich das neue und das μ wirkt auf mich ein bißchen so, als solle es Tonhöhen eindeutig festlegen, tut es aber nicht. Einfaches Beispiel: C-Dur→G-Dur→d-Moll→a-Moll→C-Dur. Die beiden C-Durs sind verschieden hoch und entsprechen deinem C- und C↑-Dur.

erich

Hallo Malte

Hier eine kurze Erwiderung

Zitat
ZitatIch bin zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wie Drobisch; vielleicht wird es auch mir so gehen wie ihm, da auch ich zu viel mathematische Vorkenntnisse voraussetze. Die ν(X)-Funktion, die jedem Tonzeichen eine ganze Zahl zuordnet, ist ein physikalisches Maß, das jede Folge von sieben aufeinander folgende Zahlen zu einer fast reinen pythagoreischen Dur-Tonart macht. Ohne überheblich sein zu wollen, aber ob das wirklich allgemein verstanden wird?
Ich bin zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wie Drobisch; vielleicht wird es auch mir so gehen wie ihm, da auch ich zu viel mathematische Vorkenntnisse voraussetze. Die ν(X)-Funktion, die jedem Tonzeichen eine ganze Zahl zuordnet, ist ein physikalisches Maß, das jede Folge von sieben aufeinander folgende Zahlen zu einer fast reinen pythagoreischen Dur-Tonart macht. Ohne überheblich sein zu wollen, aber ob das wirklich allgemein verstanden wird?

Ich gehöre zu einer Genaration, die noch gelernt hat mit Logarithmentafeln zu rechnen. Wenn heute alles elektronisch ausgerechnet wird, dürfte der Umgang mit Logarithmen nicht mehr zur Allgemeinbildung gehören. Um aber die Cent-Scala wirklich zu verstehen, muss man schon wissen, was der Logarithmus zur Basis 2 bedeutet. Dennoch kann man lernen, praktisch mit der Cent-Scala umzugehen, auch wenn einem nicht ganz klar ist, wie sie zustande kommt.

ZitatNur kurz zum Verständnis: mit reinen Terzen meinst du die verminderten Quarten, die genau 5/4 groß sind, oder?
Ja, ich meine 9/8·10/9 = 5/4. Ich vermeide aber die herkömmlichen Bezeichnungen für die Intervalle zu verwenden, wie sie in der Riemannschen Funktionstheorie verwendet werden, da ich ihren Erklärungswert für zu begrenzt halte.

ZitatAllerdings wäre vielleicht ein anderer Begriff (z. B. QuintGen-Komma) sinnvoll, da das angepaßte syntonische Komma und das angepaßte pythagoreische Komma ja gleich groß sind (also wäre die Unterscheidung zwischen syntonischem und pythagoreischem nicht mehr nötig); zumindest aber ein Hinweis auf diesen nun anders belegten Begriff wäre hilfreich.
Man könnte das syntonische Komma in Abhängigkeit von der zugunde liegenden Quinte parametrisieren; schon Drobisch (1802-1896) hat bereits Variationen der Quinte betrachtet. Das würde zwar zu einer genaueren Begrifflichkeit führen, dürfte aber nicht zu einer verständlicheren Darstellung führen. Ich hoffe, das sich aus dem Kontext das Gemeinte ergibt; Du hast ja auch verstanden!

ZitatIch probiere gerade, Scala und, falls das klappt, evtl. auch Hauptwerk zu installieren, zwei Tools, die von unseren Musiktheorie-Dozenten gern für Stimmung/Intonation genutzt werden. Vielleicht kann man mit Hauptwerk auch in diesem Fall was anfangen?
Ich glaube nicht, dass das zum Ziel führt; mir scheint, es handelt sich hier um ein Hardware- und bezüglich MIDI auch noch um ein Softwareproblem. Zudem kommt noch ein viel tiefer liegendes Problem hinzu. Eigentlich muss man die Obertöne der Klänge (Töne) der modifizierten Quinte anpassen, wie man seit den Untersuchungen von William A. Sethares "Tuning, Timbre, Spectrum, Scale" wissen sollte. Aber dazu müsste man sich auf die Programmierung von CSound einlassen (siehe Richard Boulanger 740 Seiten)

ZitatIch will D♯↓↓ mit E♭↑ vergleichen, nicht D♯↓. Wenn wir in reiner Stimmung in μC-Dur nach μe-Moll gehen, ist das nämlich E↓-Moll, nicht E-Moll
Stimmt! Du benutzt korrekt das Tonzeichen D♯↓↓, also das doppelte ↓. Ich hatte bisher in der Erweiterung von Preetzise für das syntonische Komma einfache Apstrophs als Versetzungszeichen benutzt;
in LilyPond habe ich aber keine Verdoppelung (wie für  ♯♯)  zur Verfügung. Ich werde nunmehr stattdessen die LilyPondzeichen
pitchGlyphs = #`(
                  (-2053/19999  . "arrowheads.open.1M1")
                  (2053/19999   . "arrowheads.open.11")
                  (-4106/19999  . "arrowheads.close.1M1")
                  (4106/19999   . "arrowheads.close.11")
                )

verwenden.



Das µ hatte ich nur adhoc zur Unscheidung genommen.


Gruß
Erich