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Allgemeine Fragen und Probleme => Allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: erich am Samstag, 29. Juli 2017, 08:34

Titel: Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Samstag, 29. Juli 2017, 08:34
Hallo allen

Das Beispiel, das ich gebe, ist in der ersten Zeile
aus meiner Fagott-Schule und in der zweiten Zeile wird
auf eine traditionelle Änderung des Schlüssels verzichtet.

Frage: Wie soll man diesen Darstellungswechsel benennen?

Eine historische Anmerkung:
1987 ist letztmalig "Die Praxis des Notengraphikers" von Herbert Chlapik erschienen.
In dieser wird beschrieben, dass man zunächst mit dem Rastrieren der Notenlinien anfängt;
dadurch entsteht zwangsläufig ein Korsett für alle weiteren Darstellungsmöglichkeiten -
man kommt aus den vorgegebenen fünf Notenlinien nicht mehr raus.

Könnte man für den von mir beschriebenen Darstellungswechsel den Begriff Umrastern wählen?
Hat einer von euch einen anderen Vorschlag?

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Sonntag, 30. Juli 2017, 16:56
Wenn dann müsste die Wortbildung so aussehen:Umrastrieren.

Das Buch "Hals über Kopf" hat das Wort des Rastrieren nicht im Stichwortverzeichnis. So weit ich es sehen kann, gibt es auch kein Beispiel deiner Art in dem Buch.

Ich würde sagen eine neue oder alte Art des Wechselschlüssels unter Umständen pädagogisch bedingt.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Sonntag, 30. Juli 2017, 20:41
Danke für die Antwort!

Die Bildunterschrift in Chlapiks Buch lautet Das "Rastrieren" der Notenlinien
Ich finde gerade im Internet als  Bedeutung dafür: Notenlinien mit dem Rastral ziehen; das Verb leitet sich also von einem Gerät ab. Es geht aber gerade darum, sich von der starren Technik, die das Rastral zum Ausgangspunkt des Handwerklichen hat, zu befreien, um neue Möglichleiten des rechnergestütztens Arbeitens zu eröffnen.
Was spricht dagegen, die Notenlinien als Raster anzusehen? Aber vielleicht hat jemand einen viel besseren Vorschlag. Ich hoffe noch darauf.

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Montag, 31. Juli 2017, 19:06
Schreibst Du die Schule oder lernst Du daraus?
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Montag, 31. Juli 2017, 23:10
Hallo,

ich denke mal, Deine Frage bezieht sich auf die Fagott-Schule: daraus habe ich vor fast drei Jahrzehnten gelernt.

Ich suchte nach einem Beispiel für meine Fragestellung,
das ich in fraditioneller Notation ausdrücken kann.

Gebrauchen will ich das Umrastern in meiner für mich entwickelten alternativen Notenschrift,
zu deren Illustration ich das Beispiel anfüge:
- die Notenzeile stehen immer in einem Abstand von vier Halbtonschritten
- die Systeme werden immer auf der untersten von drei durchgezogenen Notenlinien als der Ton e aufgeschlüsselt
- es wechseln sich drei durchgezogene Linien mit drei gestrichelten ab, die jedoch nicht vollständig sein müssen
- es werden mindesten einmal drei durchgezogene Linien verwendet

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Dienstag, 1. August 2017, 09:11
Das Beispiel aus der Fagottschule war eine Art Ersatz für Wechselschlüssel. Dein System ist aber ein Ersatz für Hilfslinien. Ich sehe da funktional einen gewaltigen Unterschied. Anyway, wenn es dein System ist, würde ich mit der Begriffssuche darauf abzielen, das klar wird, warum Du das machst. Und das weißt Du am besten.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Dienstag, 1. August 2017, 11:03
Hallo, nicht ein Ersatz für Hilfslinien sondern eine Darstellung, welche die Intervalle unmittelbar ablesbar macht im Gegensatzt zur traditionellen.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: trulli am Dienstag, 1. August 2017, 11:37
Zitat von: erich am Sonntag, 30. Juli 2017, 20:41
Was spricht dagegen, die Notenlinien als Raster anzusehen?

Ziemlich viel, finde ich. Ein Raster kann alles Mögliche sein: Kästchen, Linien, Rauten, Wellenlinien... Was du da tust, ist eigentlich das Verschieben der Notenlinien. Darum finde ich den Hinweis mit dem Rastral (Instrument mit dem man die Notenlinien vorzeichnete) ganz gut. Ich hatte allerdings erstmal "rastieren" gelesen und nicht "rastrieren". Es sollte darum vielleicht noch mal genau erklärt werden, woher das Wort kommt.

Meine Vorschläge: Umrastrieren, Rastralverschiebung, Notenlinienverschiebung, Notensystemverschiebung.

Grüße
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Dienstag, 1. August 2017, 13:17
Hallo Trulli,

Rastral ist das Gerät, mit dem man die fünf Notenlinien gemeinsam in das Metall ritzt.

Für mich stellen Notenlinien schon ein Raster dar, in das man Töne (Tonköpfe) einträgt;
typischer Weise ist ein Raster ein Ersteres, das die Orientierung für eine
Späteres liefert.

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Arnold am Dienstag, 1. August 2017, 14:02
Hallo,

für mich wäre »springen« ein griffiger Namensbestandteil: »springende Systeme« oder »Zeilensprung«.

Ein bisschen erinnert mich das daran, als ich Noten im Tenorschlüssel für Nur-Baßschlüssel-Leser retuschiert habe - am Schluß ließ ich den C-Schlüssel auf der ersten Hilfslinie über den fünf Notenzeilen stehen.

Arnold
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Dienstag, 1. August 2017, 16:25
Zitat von: erich am Dienstag,  1. August 2017, 11:03
Hallo, nicht ein Ersatz für Hilfslinien sondern eine Darstellung, welche die Intervalle unmittelbar ablesbar macht im Gegensatzt zur traditionellen.
Da ich auf Hilfslinie getippt habe, ist es nicht offensichtlich für mich. Nachdem Du es gesagt hast, sehe ich es auch nicht. Aber in der traditionellen Notation erkennt man Intervalle eigentlich sofort, weil jedes Intervall hat zwei typische Bilder.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Dienstag, 1. August 2017, 17:32
Hallo, nur zur Erinnerung;

man erwartet vom Notenbild her nicht, dass es Stellen gibt, an denen es einen Halbtonschritt abwärts geht

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Mittwoch, 2. August 2017, 08:36
Von was redest Du?
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Mittwoch, 2. August 2017, 09:17
Zitat von: erich am Dienstag,  1. August 2017, 11:03
Hallo, nicht ein Ersatz für Hilfslinien sondern eine Darstellung, welche die Intervalle unmittelbar ablesbar macht im Gegensatzt zur traditionellen.
Das hängt ganz davon ab, was du in einem Intervall siehst: Nur eine Anzahl von Halbtonschritten? Dafür ist dein System besser geeignet; diese Art von Intervallen ist in der 12-Ton-Musik u. ä. wichtig. Ein diatonisches Intervall? Dann ist das traditionelle System besser geeignet; das gilt also für die allermeiste Musik. Ein paar Beispiele:

b–fis (abwärts): bei 4 Halbtonschritten denkt man erstmal an eine große Terz, es handelt sich aber um eine Quarte.
Tonleitern: Für chromatische Tonleitern ist dein System besser geeignet, aber die allermeisten Tonleitern sind ja doch diatonisch und da impliziert dein System Sprünge, wo keine sind.
tonale Mixturen, Sequenzen, ...: Die Sequenzbildung wird im traditionellen System klar, in deinem nicht.
enharmonische Umdeutung: Dein System unterscheidet nicht zwischen einem übermäßigen Quintsextakkord (<g h d eis> → Doppeldominante zu h-Moll) und einem Dominantseptakkord (<g h d f> → Dominante zu c-Moll), deshalb ist eine entsprechende Modulation nicht wirklich zu erklären.

Worauf ich hinaus will: Es geht bei Intervallen um viel mehr als nur eine Anzahl von Halbtonschritten. Es gibt einen harmonischen Kontext und ein Intervall ,,gleicher" Größe kann in verschiedenen Kontexten als verschieden wahrgenommen werden.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Mittwoch, 2. August 2017, 10:05
Hallo Malte

Bei Intervallen geht es um Frequenzverhältnisse. Implizit unterstelle ich eine
gleichstufige Stimmung, wie es auch von Lilypond bei der Umsetzung in MIDI getan wird.
Wenn man mehr ausdrücken will, muss man mehr Darstellungmittel bemühen; traditionell dienen dazu die Vor- und Versetzungszeichen, die ich nicht benötige. Insofern verwende ich eine akstraktere Darstellungsform.

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Mittwoch, 2. August 2017, 10:58
Zitat von: Malte am Mittwoch,  2. August 2017, 09:17
b–fis (abwärts): bei 4 Halbtonschritten denkt man erstmal an eine große Terz, es handelt sich aber um eine Quarte.
Und das es eine Quarte ist, sieht man sofort im traditionellen Notenbild. Dass sie merkwürdig ist, an den ungewöhnlich vielen Vorzeichen. Einmal analysiert und abgespeichert.
Zitat von: erich am Mittwoch,  2. August 2017, 10:05
Bei Intervallen geht es um Frequenzverhältnisse.
Wenn g - cis auftaucht ist aller Wahrscheinlichkeit der nächste Ton d. Bei g-des ein c. Auch bei gleichstufiger Stimmung.

Aber eigentlich wollte ich bei meinem vorigen Anmerkungen auf etwas anderes hinaus. Wenn sich dein System jemanden nicht erschließt, könnte es sein, dass Du das System für verständlicher hältst, weil Du es dir ausgedacht hast. Also eine Art kognitive Befangenheit.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Mittwoch, 2. August 2017, 12:33
ZitatAlso eine Art kognitive Befangenheit.
eine Erwiderung:

Ich habe diese Notation im Wesentlichen von Helmut Neumann übernommen "Die Klangreihen-Kompositionslehre nach Othmar Steinbauer (1895-1962)"; Neumann schreibt dazu S.147: "Der bekannte deutsche Musikwissenschaftler Hugo Riemann (1848-1919) hatte in einem Aufsatz, den er mit "Die Zwölftstufige Notenschrift" im "Musikalischen Wochenblatt" XIII, Nr.52 Leipzig, 21.12.1882 veröffentliche, eine nahezu identische Lösung dieses Problems vorgeschlagen.  Siehe dazu den Hinweis in Johannes Wolf, Notationskunde, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1919, Bd. II, S.354, wo auf diese Publikation hingewiesen wird.

Johannes Wolf  schreibt dann auf Seite 386f: "Nicht mühelos ist der Gang durch den Irrgarten der Reformversuche gewesen. Viel Geist ist aufgewendet worden und wird noch immer darangesetzt, um die Grundpfeiler unserer in langer historischer Entwicklung entstandenen Notation zu erschüttern.
Gewisse ihr anhaftende Mängel und Schönheitsfehler sollen nicht abgeleugnet , aber auch nicht verkannt werden, daß mit ihr ein wenn auch nicht müheloses, so doch zuverlässiges Mittel geworden ist, den Phantasien unserer schaffenden Musiker besser zu folgen als mit irgendeinem anderen nach dieser oder jener Richtung hin vollkommeneren Reformversuch."

Zur Beruhigung: Ich selbst müsste mich sehr anstrengen, wenn ich nach meiner Notation Fagott spielen wollte; als Instrumentalist verbindet man mit Darstellungskomplexen eben auch eingeübte Griffe und Grifffolgen. Da ich kein Klavierspieler bin, bin ich im akkordischen Denken auch nicht so geübt und finde die Riemannsche Darstellungsweise rationeller.

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Freitag, 4. August 2017, 08:47
Zitat von: erich am Mittwoch,  2. August 2017, 10:05
Bei Intervallen geht es um Frequenzverhältnisse.
Auch, aber längst nicht nur, wie oben dargestellt.
ZitatImplizit unterstelle ich eine gleichstufige Stimmung, wie es auch von Lilypond bei der Umsetzung in MIDI getan wird.
Das brauchst du doch gar nicht, dein System ist wie das traditionelle unabhängig von der Stimmung.
ZitatWenn man mehr ausdrücken will, muss man mehr Darstellungmittel bemühen; traditionell dienen dazu die Vor- und Versetzungszeichen, die ich nicht benötige. Insofern verwende ich eine akstraktere Darstellungsform.
Ja, bleibt nur die Frage, ob man überhaupt so wenig darstellen will: Versetzungszeichen machen auf Abweichungen von der Norm aufmerksam; sie werden selten von Musikern übersehen, was vermutlich (!) bei deinem System schneller mal passieren kann. Durch die vielen Positionierungsmöglichkeiten eines Notenkopfes auf und zwischen den Linien hat man einfach sehr viel Information zu verarbeiten und Abweichungen von der Norm oder enharmonische Umdeutungen sind eben nicht auf Anhieb zu erkennen.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Freitag, 4. August 2017, 12:10
@Malte:
Bei uns in Formenlehre gab es Redeverbot für Gitarristen und Pianisten, weil wir bei der harmonischen Analyse immer schneller waren als die Melodieinstrumente.

Ich habe davon gesprochen, dass die Intervalle bestimmte Bilder im Notensystem ergeben. Aber vielleicht fällt es den harmoniefähigen Instrumenten eher auf, weil da die Noten doch auffallend oft übereinander stehen. Wir müssen diese Bilder nicht lernen, während dagegen hin Melodieinstrumenten vielleicht diese typischen Bilder in ihren sukzssiven Notenabfolgen gar nicht auffallen (können). Wir haben mehr Gelegenheit Routinen zu erwerben.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Freitag, 4. August 2017, 14:39
@Hilflos-im-Code:

Deine Anmerkung erhellt doch einiges; einigen Klavierspielern scheint nicht immer klar zu sein, wieviel sie entgegen einiger Unzulänglichkeiten in der traditionellen Notendarstellung gelernt haben zu sehen, was garnicht unmittelbar im Notentext kodiert ist.

@Malte:
ZitatDurch die vielen Positionierungsmöglichkeiten eines Notenkopfes auf und zwischen den Linien hat man einfach sehr viel Information zu verarbeiten und Abweichungen von der Norm oder enharmonische Umdeutungen sind eben nicht auf Anhieb zu erkennen.

In der Riemannnschen Notation gibt es für alle diatonischen Tonleitern nur vier verschiedene Darstellungen. Ich habe die Fälle, in denen zwei Noten in einem Zwischenraum zu diskriminieren sind, rot markiert; zählt man sie ab, so sind es nur 9 Stellen im Vergleich zu insgesamt 28 Übergängen; ihre Anzahl ist je Tonart zwei oder drei.
Wenn man den Quintenzirkel durchgeht, so steigt man von einer Darstellungart in die nächste um in der Reihenfolge, wie ich sie aufgeführt habe.

Grüß Euch
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Freitag, 4. August 2017, 20:14
Zitat von: erich am Freitag,  4. August 2017, 14:39
@Hilflos-im-Code:

Deine Anmerkung erhellt doch einiges; einigen Klavierspielern scheint nicht immer klar zu sein, wieviel sie entgegen einiger Unzulänglichkeiten in der traditionellen Notendarstellung gelernt haben zu sehen, was garnicht unmittelbar im Notentext kodiert ist.


Ganz offen gesagt, ich verstehe nicht, worauf Du hinaus willst, obwohl ich eigentlich in solchen Dingen eine Auffassungsgabe habe, die über dem Durchschnitt von Musikern ist.

Eigentlich wollte ich etwas anderes sagen, das traditionelle Notensystem zeigt die Sachen schon sehr gut, sodass man das eigentlich intuitiv verstehen kann, wenn man das entsprechende Lesematerial hat. Hat man das nicht und ist mit einer normalen Mustererkenmnung bis unterdurchschnittlichen Mustererkennung gesegnet, dann ist das offensichtliche doch nicht zu erkennen.

Das  Abzählen von Möglichkeiten nicht unbedingt ein Beweis. Ich kann diese schön Sichtbarkeit nicht nachvollziehen. Ein besseres System muss schneller in den Köpfen anderer Menschen funktionieren. Ich vermute Du verwechselst deine Leseroutine mit der angeblichen Einfachheit des Systems.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Samstag, 5. August 2017, 08:10
Wie sieht in dem System Dis-Dur aus?
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Samstag, 5. August 2017, 12:12
Hallo und Gruß
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Samstag, 5. August 2017, 13:29
Das Bild zeigt ganz gut die Schwäche des Systems: Dis-Dur ist eben nicht ,,dis f g gis ais c d dis".

Klar, falsch daran ist nur die Beschriftung. Aber eine solche falsche Beschriftung passiert nur dadurch, daß das System keinen Unterschied zwischen eis und f macht. Unsere Musik ist bis Anfang des 20. Jahrhunderts nunmal auf Siebenstufigkeit ausgelegt, da ist eine zwölfstufige Notation zumindest nicht besser als eine siebenstufige.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Samstag, 5. August 2017, 15:45
Hallo Malte,

die Beschriftung habe ich doch nur zum besseren Verständnis von hand mit \markup eingefügt; ich hätte auch "eis" statt "f" schreiben können; das hat aber doch nichts mit dem 12-stufigen System zu tun.

Um dich weiter zu beunruhigen, bei mir lautet die Lilypondeingabe
{\time 8/2 \eClef <>^\markup{dis-dur}
de'2_\markup{dis}
f'_\markup{eis}
g'_\markup{g}
ga'_\markup{gis}
ab'_\markup{ais}
c''_\markup{c}
d''_\markup{d}
de''_\markup{dis} }

nach Korrektur von "f" auf "eis"

Ich bezeichne die 12-Tonreihe bei Eingabe für Lilypond durch : a ab b c cd d de e f fg g ga

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Samstag, 5. August 2017, 18:42
Zitat von: erich am Samstag,  5. August 2017, 12:12
Hallo und Gruß
Danke, also genauso wie Es-Dur. Also diese Notenschrift verwechselt grundsätzlich enharmonisch? Also ein Tritonus zieht aus wie eine verminderte Quinte?

Jetzt verstehe ich gar nicht mehr, warum das praktisch sein soll?

Das vernebelt doch die ganze Terminologie, die die Harmonielehre verwendet. In der momentanen Notenschrift muss man sich merken auf was für einer Stufe, Dur, Moll und der Verminderte ist. Sobald Vorzeichen auftauchen, ist Ungewöhnliches bzw. Ungemach angesagt.

Es ist doch ein grundsätzliches Problem dem musikalischen Laien die Denkweise der enharmonischen Verwechslung, die aus seiner beschränkten Sicht sinnfälliger ist, auszutreiben. Warum ihn dann das Halbtonzählen erleichtern, wenn es die weiteren Fragen im Notenbild verunklart?
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: harm6 am Samstag, 5. August 2017, 18:47
Nunja, die dis-Dur-Tonleiter besteht aus den Tönen dis eis fisis gis ais his cisis dis. Alles andere ist falsch.

Wenn ich Erich richtig verstanden habe so ist diese Notation, wie auch andere ähnliche, entwickelt worden, um a-tonale, dodekaphone, serielle, etc Kompositionen zu notieren, nicht für Dur/moll-tonale Musik.
Von dieser Notationform eine Dur-Tonleiter schreiben zu lassen geht natürlich. Aber zu erwarten, daß sie in ähnlicher weise lesbar ist wie traditionelle Notenschrift ist schlichtweg verfehlt.
Dafür ist sie nicht gemacht.

Übrigens genauso wie Tabulaturen.
Hier eine Möglichkeit die dis-Dur-Tonleiter in einer bestimmten Tabulaturart aufzu schreiben

|------------------------
|-----------1-3-4--------
|-----0-1-3--------------
|-1-3--------------------
|------------------------
|------------------------


Hier eine andere
|------------------------
|------------------------
|------------5-7-9-------
|-----5-6-8--------------
|-6-8--------------------
|------------------------


Käme jemand Tabulaturunkundiger auf die Idee, daß es sich um exakt dieselben Töne handelt?
Unwahrscheinlich...
Das der Tabulatur vorzuwerfen ist aber ebenfalls ungerecht. Dafür ist sie nicht gemacht.


Gruß,
  Harm

EDIT
Das zweite Tabulaturbeispiel muß natürlich so gehen:

|------------------------
|------------------------
|------------5-7-8-------
|-----5-6-8--------------
|-6-8--------------------
|------------------------


Dank an Malte
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Sonntag, 6. August 2017, 07:36
Hallo Harm

ich verstehe nichts von Tabulaturen, vermute aber, dass die Linien
Abstraktionen von Saiten darstellen. Wenn ich annehme,
dass eine Durtonleiter dargestellt werden soll, dann bedeuten
1-3-4 große - kleine Sekunde
0-1-3 kleine - große Sekunde
1-3 große Sekunde

wie sind die Saiten gestimmt?

zu 1-3-4 addiere 4 : 5-7-8
und erhalte für die beiden Saiten die Folge: 0-1-3-5-7-8

zu 0-1-3-5-7-8 addiere 5 : 5-6-8-10-12-13
und erhalte für die drei Saiten die Folge: 1-3-5-6-8-10-12-13

also große-große-kleine-große-große-große-kleine Sekunde, eine Durtonleiter

Man erkennt, die leeren Saiten haben zueinander unterschiedliche Intervalle

Das zweite Beispiel kann man aber so nicht entschlüsseln, denn dann wäre oben eine
große Sekunde.

Gruß
Erich

Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Hilflos-im-Code am Sonntag, 6. August 2017, 08:45
Zitat von: harm6 am Samstag,  5. August 2017, 18:47
Wenn ich Erich richtig verstanden habe so ist diese Notation, wie auch andere ähnliche, entwickelt worden, um a-tonale, dodekaphone, serielle, etc Kompositionen zu notieren, nicht für Dur/moll-tonale Musik.
Von dieser Notationform eine Dur-Tonleiter schreiben zu lassen geht natürlich. Aber zu erwarten, daß sie in ähnlicher weise lesbar ist wie traditionelle Notenschrift ist schlichtweg verfehlt.
Dafür ist sie nicht gemacht.

Die Behauptung war:
ZitatHallo, nicht ein Ersatz für Hilfslinien sondern eine Darstellung, welche die Intervalle unmittelbar ablesbar macht im Gegensatzt zur traditionellen.
Unmittelbar steht im Widerspruch dazu, dass erst die enharmonischen Verwechslung dekodiert werden muss.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Sonntag, 6. August 2017, 10:07
Zitat von: erich am Sonntag,  6. August 2017, 07:36
ich verstehe nichts von Tabulaturen, vermute aber das die Linien
Abstraktionen von Saiten darstellen.
Ja.
ZitatWenn ich annehme,
dass eine Durtonleiter dargestellt werden soll,
Ja.
Zitatdann bedeuten
1-3-4 große - kleine Sekunde
0-1-3 kleine - große Sekunde
1-3 große Sekunde
Ja.
Zitatwie sind die Saiten gestimmt?
Von oben nach unten: e¹–h–g–d–A–E
Zitat
also große-große-kleine-große-große-große-kleine Sekunde, eine Durtonleiter
Ja, Es-Dur/Dis-Dur.
Zitat
Man erkennt, die leeren Saiten haben zueinander unterschiedliche Intervalle
Ja, reine Quarten und zwischen 2./3. Saite eine große Terz.
ZitatDas zweite Beispiel kann man aber so nicht entschlüsseln, denn dann wäre oben eine
große Sekunde.
Da hat harm sich einen kleinen Fehler erlaubt: Es müßte auf der g-Saite (III. Saite) 5–7–8 heißen, nicht 5–7–9. Sowas wär ihm in traditioneller Notation nicht so leicht passiert ;)
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: harm6 am Sonntag, 6. August 2017, 10:25
Zitat von: Erichwie sind die Saiten gestimmt?
Sehr gute Frage.
Tabulaturen sind nur dann entschlüsselbar wenn man das Instrument und die Stimmung der Saiten kennt.
Mein Beispiel war für die heutige Gitarre.
Für Vihuela/Renaissancelaute wäre das anders, für Barocklaute und Barockgitarre ergäben sich wiederum jeweils andere Tabulaturen.

Gruß,
  Erich

EDIT
Ich brauch wohl doch noch den ein oder anderen Kaffee.
Merke: Nicht vor dem Frühstück posten

Gruß,
  Harm
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Sonntag, 6. August 2017, 10:32
Zitat von: harm6 am Sonntag,  6. August 2017, 10:25
Gruß,
  Erich
?? :D

Grundsätzlich hat Harm (lieber Harm oder harm oder harm6?) aber recht, ich bin mal stillschweigend von einer Gitarre ausgegangen, weil da die Stimmung eine Durtonleiter ergibt. Eine Gambe würd z. B. auch passen, aber eine andere Durtonleiter ergeben. Bei einer Gambe ist die große Terz zwischen 3./4. Saite, nicht zwischen 2./3.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: harm6 am Sonntag, 6. August 2017, 10:48
Zitat
Die Behauptung war:
ZitatHallo, nicht ein Ersatz für Hilfslinien sondern eine Darstellung, welche die Intervalle unmittelbar ablesbar macht im Gegensatzt zur traditionellen.

Unmittelbar steht im Widerspruch dazu, dass erst die enharmonischen Verwechslung dekodiert werden muss.

Hier verkennst Du einen Teil des Problems.
Wenn man als Beispiel Dodekaphonie betrachtet, so ist es dort tatsächlich ohne Bedeutung, ob man z.B. eine übermäßige Quarte c - fis oder verminderte Quinte c - ges hat. fis und ges werden als derselbe Ton betrachtet.
Es ist vielmehr so, daß der in traditioneller Notation sichtbare Unterschied zwischen beiden stört und dem Grundprinzip der Dodekaphonie zuwider läuft.
Insoweit ist das Bestreben eine neue Notation und sogar neue Notennamen zu entwickeln nicht nur verständlich sondern fast schon eine sich aufdrängende Notwendigkeit.

Gruß,
  Harm

P.S.
Persönlich mag ich keine Tabulaturen, habe aber gelernt sie zu lesen, da ich mich mit der Musik die nun mal in dieser Notationsform vorliegt beschäftigen wollte/mußte.
Ich bechäftige mich allerdings selten mit dodekaphoner, etc Musik. Insoweit werde ich Erichs hier vorgestellte Notationsform wohl nicht lernen.
Tatsächlich lehne ich sie sogar ab ;)
Ich widerspreche nur, weil ich denke, daß die Ablehnung nicht aus falschen Gründen erfolgen sollte.
Mein wesentlicher Kritikpunkt: Zuviele Linien.
Es hat auch in traditioneller Notation historische Versuche gegeben mehr als fünf Linien zu verwenden. Es zeigt sich aber, daß die Position der Notenköpfe bei mehr als fünf Linien zu schnell verwechselt werden kann, insbesondere beim vom Blattspiel.
Weniger als fünf Linien führen schnell zu einem Übermaß an Hilfslinien.
Die traditionellen fünf Linien stellen also einen Kompromiß dar, der sich über die Jahrhunderte durchgesetzt hat.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Sonntag, 6. August 2017, 11:22
Hallo Malte

Am Tabulatur-Beispiel lässt sich gut aufzeigen,
was eine Darstellung unmittelbar zeigt und was nicht:

Intervalle auf der Saite sind durch Zahlen kodiert.
Um die Stimmung der Saiten zu erkennen, braucht man
zusätzliches Wissen, das nicht dargestellt ist;
beispielsweise, ob es sich um eine Lauten- oder eine
Gitarrenstimmung handelt.

Wenn man die Zusatzinformation hat, dass es sich um eine
Durtonleiter handeln soll, kann man die Stimmung der Saiten (soweit sie
benutzt werden) erschließen - ja, man kann sogar den kleinen Fehler erkennen.

So wie man bei der Tabulatur zusätzlich die Stimmung der Saiten kennen muss,
muss man bei der traditionellen Notenschrift wissen, welche Tonabstände die
Notenlinien haben; im Bassschlüssel hat man andere Abstände als im Violinschlüssel.
Dieses zusätzliche Wissen braucht man bei meiner Notation nicht.

Noch ein Wort zu enharmonischen Verwechslungen (besser wäre der Ausdruck "harmonische Wechsel"): diese sind doch Ausfluß der funktionalen Harmonielehre; deren begrenzte (Erklärungs-) Reichweite ist doch wirklich weitläufig erörtert. Von daher Argumente
gegen andere Notationsformen zu beziehen, halte ich nicht mehr für zeitgemäß.

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: harm6 am Sonntag, 6. August 2017, 11:38
Zitat von: Malte[bezogen auf das Tabulaturbeispiel:] Ja, Es-Dur/Dis-Dur.
Tatsächlich läßt die bloße Tabulatur keinerlei Rückschlüsse auf möglicherweise enharmonisch verwechselbare Notennamen zu.
Allerdings waren sich die Komponisten darüber schon im klaren. Kann man deutlich sehen in alten Drucken wenn für Gesang (traditionell) und Saiteninstrument (tabulatur) geschrieben wurde. Es gibt auch Drucke wo man Tabulatur und traditionelle Notation sehen kann.

Tatsächlich ist das Problem der Enharmonik auch der für LilyPond wesentliche Ausschlußgrund einen auf Zahlen basierten Tabulatur-Eingabe-Modus zu haben, der gelegentlich nachgefragt wird.
\tabmode { 1/1 } mit der Bedeutung: 1.Saite, 1.Bund würde nur für Tabulatur funktionieren.
Grundprinzip in LilyPond ist aber das die Eingabemodi in verschiedenen Contexten funktionieren.
Also \new Staff \tabmode { 1/1 } sollte auch zu einem sinnvollen output führen, aber wie soll LilyPond entscheiden ob f oder eis gemeint ist (in Gitarrenstimmung)?

Zwei Ausnahmen fallen mir ad hoc ein.
markup ist ein Eigabemodus, aber natürlich nicht für Musik.
drummode funktioniert tatsächlich (mit sinnvollem output) nur im DrumStaff.
Aber den drummode als Argument dafür herbeizuziehen einen wie oben beschriebene tabmode zu codieren halte ich für nicht stichhaltig, denn im drummode geht es ja nicht um Tonhöhen!
Alle anderen Eingabemodi geben (u.a.) Tonhöhen ein!

Gruß,
  Harm

EDIT
Da hab ich doch glatt \figuremode und \lyricmode vergessen.
Insoweit relativiert sich meine Argumentation oben doch ganz schön...
Allerdings kann man ja aus dem notemode Staff und TabStaff bekommen, ein tabmode könnte das nicht.
Diese Argumentation ist schwächer, trotzdem noch stichhaltig, imho
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Sonntag, 6. August 2017, 11:58
Hallo Harm

ZitatWenn ich Erich richtig verstanden habe so ist diese Notation, wie auch andere ähnliche, entwickelt worden, um a-tonale, dodekaphone, serielle, etc Kompositionen zu notieren, nicht für Dur/moll-tonale Musik
.

Diese Entgegensetzung halte ich nicht für angebracht. Vielleicht ist nicht bekannt, dass es neben der Schönbergschen Zwölftonmusik auch eine andere Wiener Schule (Hauer/Steinbauer) gibt, die nicht die a-tonale Tonalität propagiert und sich reserviert gegenüber einer Vorstellung von der Emanzipation der Dissonanz verhält. Das Stichwort ist: Klangreihenkompositionslehre.

ZitatVon dieser Notationform eine Dur-Tonleiter schreiben zu lassen geht natürlich. Aber zu erwarten, daß sie in ähnlicher weise lesbar ist wie traditionelle Notenschrift ist schlichtweg verfehlt.

Das vermag ich nicht nachzuvollziehen:
Ich habe ein Leben lang musiziert, singend und als Bläser (Blockflöfe, Oboe, Dulzian, Pommer, Krummhorn, Fagott) ohne die geringste Ahnung von Harmonielehre zu haben, und ich habe sie auch nicht gebraucht, um sauber zu intonieren. Mein Musizierfreund, ein ausgezeichneter Klarinettist ärgerte sich immer über die korrekte Notation, wenn da his und nicht c stand oder eis und nicht f und notierte das immer um, wenn er Geigenstimmen in Klarinettenstimmen umschrieb.

Gruß
Erich
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Sonntag, 6. August 2017, 12:01
Zitat von: erich am Sonntag,  6. August 2017, 11:22
Noch ein Wort zu enharmonischen Verwechslungen (besser wäre der Ausdruck "harmonische Wechsel"):
Was ist am Begriff ,,enharmonische Verwechslung" denn falsch, sodaß ,,harmonischer Wechsel" besser sei? Tatsächlich bevorzuge ich den Begriff ,,enharmonische Umdeutung"; ,,harmonischer Wechsel" ist für mich sogar ein schlechterer Begriff, das klingt mehr nach Bewegung von einem Akkord zum nächsten als nach Umdeutung.
Zitatdiese sind doch Ausfluß der funktionalen Harmonielehre; deren begrenzte (Erklärungs-) Reichweite ist doch wirklich weitläufig erörtert. Von daher Argumente gegen andere Notationsformen zu beziehen, halte ich nicht mehr für zeitgemäß.
,,Begrenzte Reichweite" heißt nicht, daß sie nichts erklären könne, sondern daß sie nicht alles erklären kann. Und es nicht zu bestreiten, daß eine enharmonische Umdeutung immer etwas besonderes ist, egal wie man sie jetzt erklärt. Tatsächlich hat sie aber auch Auswirkungen auf die Musiker: Man muß sich überlegen, was die enharmonische Umdeutung für die Intonation bedeutet. Klar, für Mediantik und ähnliches ist die Riemannsche Funktionstheorie nur begrenzt einsetzbar: Man kann vieles benennen, aber ob es sich noch um eine Erklärung handelt, ist fraglich. Aber gerade für mein vielzitiertes Beispiel des übermäßigen Quintsextakkords gibt es genug Beispiele in der klassischen Musik, die sonst noch ziemlich gut per Funktionstheorie erklärbar ist; ebenso für den verminderten Septakkord.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: Malte am Sonntag, 6. August 2017, 12:11
Zitat von: erich am Sonntag,  6. August 2017, 11:58
Das vermag ich nicht nachzuvollziehen:
Ich habe ein Leben lang musiziert, singend und als Bläser (Blockflöfe, Oboe, Dulzian, Pommer, Krummhorn, Fagott) ohne die geringste Ahnung von Harmonielehre zu haben, und ich habe sie auch nicht gebraucht, um sauber zu intonieren. Mein Musizierfreund, ein ausgezeichneter Klarinettist ärgerte sich immer über die korrekte Notation, wenn da his und nicht c stand oder eis und nicht f und notierte das immer um, wenn er Geigenstimmen in Klarinettenstimmen umschrieb.
Klar braucht man zum sauberen Intonieren zunächst mal ein gutes Gehör. Aber gerade auf Blockflöte etc. sollte dir klar sein, daß ein as i. d. R. höher ist als ein gis, weshalb klar ist, warum man korrekt notieren will. Man kann im Ensemble schon as zu E-Dur spielen, hörend merken, daß das nicht stimmt und nach unten korrigieren, aber ist doch schön, wenn das gar nicht erst nötig ist.

Und was deinen Klarinettisten angeht: einen Musiker, der viel in verschiedenen Tonarten gespielt hat, bringt ein c in cis-Moll eher raus als ein his. Falls du jetzt aber meinst, daß er für A-Klarinette aus einem f-Moll-Stück kein as-Moll-, sondern ein gis-Moll-Stück macht: Das ist absolut üblich und hat mit enharmonischer Verwechslung nichts zu tun.
Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: harm6 am Sonntag, 6. August 2017, 12:14
Zitat von: ErichVielleicht ist nicht bekannt, dass es neben der Schönbergschen Zwölftonmusik auch eine andere Wiener Schule (Hauer/Steinbauer) gibt, die nicht die a-tonale Tonalität propagiert und sich reserviert gegenüber einer Vorstellung von der Emanzipation der Dissonanz verhält. Das Stichwort ist: Klangreihenkompositionslehre.
Kenn ich nicht (gut genug), um da was sinnvolles sagen zu können.

Zitat von: ErichIch habe ein Leben lang musiziert, singend und als Bläser (Blockflöfe, Oboe, Dulzian, Pommer, Krummhorn, Fagott) ohne die geringste Ahnung von Harmonielehre zu haben, und ich habe sie auch nicht gebraucht, um sauber zu intonieren.
Das ist Intonation nach Gehör, wie soll es denn sonst funktionieren? ;)
Harmonielehre und die Kenntnis von Stimmungssystemen wie z.B. rein, pythagoräisch, mitteltönig (welche genau? es gibt so viele), temperiert liefert den theoretischen Unterbau. Mir hilfts mitunter.

Zitat von: ErichMein Musizierfreund, ein ausgezeichneter Klarinettist ärgerte sich immer über die korrekte Notation, wenn da his und nicht c stand oder eis und nicht f und notierte das immer um, wenn er Geigenstimmen in Klarinettenstimmen umschrieb.
Hier widerspreche ich auf das heftigste, soweit es um dur-moll-tonale Musik geht.
Ein Akkord <gis c' dis'> ist schlichtweg falsch. Es handelt sich um einen Akkord mit tief alteriertem Quart-Vorhalt. Was bitte schön soll das denn sein??

Das ist mir einst begegnet in einer gedruckten Ausgabe. Nicht nur habe ich mich direkt verspielt, sondern ich hab mir den Verlag gemerkt und jedem Schüler abgeraten jemals wieder eine Ausgabe aus diesem Verlag zu erwerben!
Mittlerweile habe ich allerdings kaum noch Schüler die einen solchen Akkord spielen könnten, G8 sei dank :(
Aber das ist ein anderes Thema, da kommt mir nur wieder die Galle hoch.
Insoweit hab' ich den Namen dieses Fritten-Verlags glücklich vergessen.

Gruß,
  Harm


Titel: Antw:Wie könnte man das nennen
Beitrag von: erich am Sonntag, 6. August 2017, 16:50
Hallo Malte, hallo Harm!

Zitat von: Erich
ZitatIch habe ein Leben lang musiziert, singend und als Bläser (Blockflöfe, Oboe, Dulzian, Pommer, Krummhorn, Fagott) ohne die geringste Ahnung von Harmonielehre zu haben, und ich habe sie auch nicht gebraucht, um sauber zu intonieren.
Zitat von Malte:
ZitatKlar braucht man zum sauberen Intonieren zunächst mal ein gutes Gehör.

Zitat von Harm:
ZitatDas ist Intonation nach Gehör, wie soll es denn sonst funktionieren? ;

Es handelt sich aber nicht um ein bloßes Hinhören sondern um eine Tonvorstellung also um ein Wissen, das dem Hören vorausgeht. Und was ist hier das Regulativ für zu-hoch oder zu-tief? Woher nehmen wir die Gewissheit, richtig zu intonieren?

Klar, ich weiß auch, dass es manchmal Kontexte im Zusammenspiel oder -singen gibt, aus dem sich ein zu-hoch oder zu-tief ergeben kann im Vergleich zur antizipierten Intonation, das ist aber eher selten der Fall, und würde mich wohl durch die Notation nicht davor bewahren.

freundliche Grüße
Erich
Titel: re: Wie könnte man das nennen
Beitrag von: ingmar am Sonntag, 6. August 2017, 22:15
Das sind Fragen der Orthographie! Natürlich kann man "Hauppossamp" mit drei p schreiben, oder "Azwenzkranz" mit drei z. Will man aber verstanden werden und nicht als Depp dastehen, schreibt man so, wie es üblich ist. Und die Schrift bildet in fast allen Sprachen eben nicht nur Phonetik ab, sondern auch Etymologie, das ist in der musikalischen Schrift nicht anders.

Übrigens ist es offenbar eine absolut Klarinetten-spezifische Tradition, Vorzeichen möglichst vermeiden zu wollen und stattdessen lieber das Instrument zu wechseln. Aber trotzdem ist ein Dreiklang <gis c dis> orthographisch falsch, auch wenn man ihn "verstehen" kann, und auch, wenn der Spieler des c nach zwei Proben wohl richtig intonieren wird, ohne viel darüber nachzudenken.

Deine Schrift könnte nützlich sein in einem Umfeld, wo Musik nicht aus Intervallen, sondern aus Tönen komponiert wird, also in gewissen (wahrscheinlich eher engen) Bereichen der Neuen Musik. Für Edgar Varèse oder viele Werke von Iannis Xenakis könnte das passen. Allerdings werden dort meist doch sehr weitgespannte Intervalle verwendet, wo genau das zum Problem werden wird, was Harm kritisiert: Der enge Tonumfang. Ich hatte daher schon einmal auf Equiton verwiesen, was in den Siebziger Jahren vorgeschlagen wurde, sich allerdings auch nicht durchgesetzt hat. Das macht natürlich nichts, du solltest die Schrift entwickeln, die für dich und deine Musik die passende ist...

--ingmar